Betroffene in München sollen Unterlagen einreichen

Plakatieren für Hartz

Die Münchner trödeln bei Hartz IV und so greift Sozialreferent Friedrich Graffe selbst zum Plakat um klarzustellen: „Ohne Antrag kein Geld“!	Foto: haf

Die Münchner trödeln bei Hartz IV und so greift Sozialreferent Friedrich Graffe selbst zum Plakat um klarzustellen: „Ohne Antrag kein Geld“! Foto: haf

Wenn es in diesem Jahr einen bösen Begriff gibt, dann heißt er mit Sicherheit Hartz IV. Nichtsdestotrotz haben viele Menschen in Deutschland wohl noch nicht realisiert, dass sich ab kommenden Januar tatsächlich etwas ändert. Anders ist kaum zu erklären, warum bisher so wenige Betroffene ihre Anträge auf das Alg II gestellt haben.

Wenn es in diesem Jahr einen bösen Begriff gibt, dann heißt er mit Sicherheit Hartz IV. In Kombination mit den Wörtern Reformpaket, Montagsdemonstration und Arbeitslosengeld II (Alg II) geistert er seit Monaten durch die Medien. Nichtsdestotrotz haben viele Menschen in Deutschland wohl noch nicht realisiert, dass sich ab kommenden Januar tatsächlich etwas ändert. Anders ist kaum zu erklären, warum bisher so wenige Betroffene ihre Anträge auf das Alg II gestellt haben.

In München ist die Situation besonders gravierend. Daher startete die Landeshauptstadt vergangene Woche gemeinsam mit der Münchner Filiale der Bundesagentur für Arbeit die Plakatkampagne „Jetzt wird’s Zeit“. Bis Ende November sind auf über 30 Litfasssäulen sowie in den U-Bahnhöfen der Stadt Menschen zu sehen, die eine Treppe hinauf hasten. So sollen auch die letzten Münchner Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger animiert werden, die umfangreichen Antragsformulare endlich abzugeben.

„Alleine bei der Stadt fehlen immer noch über ein Drittel der Anträge“, klagt Monika Niedermayer vom Münchner Sozialreferat. „Den Leuten scheint nicht klar zu sein, dass sie im Januar ohne Geld da stehen werden.“ Eine Periode der bitteren Armut könnte einigen Münchnern bevorstehen. „Gerade in der Zeit nach Weihnachten haben die Leute kaum Geld. Da wird es Probleme mit Rechnungen geben, das kann zur Massenverschuldung führen.“

Bei der Bundesagentur für Arbeit ist die Lage noch düsterer. Von den 25 000 Arbeitslosenhilfeempfängern, die in München und Umgebung leben, haben gerade 32 Prozent ihre Anträge abgegeben. Ein Münchenspezifisches Problem? „Auf keinen Fall“, betont Oswald Schader, Pressesprecher der Arbeitsagentur München. „Die Situation ist generell in den Großstädten schlecht.“

Die Arbeitslosen, die dort leben, hätten oft lange zur gehobenen Einkommensklasse gehört. Sie könnten sich nicht daran gewöhnen, plötzlich Anträge auszufüllen. Und dann ist da noch die Sache mit den Formularen.

Der Antragsteller muss einen tiefen Einblick in seine finanziellen Verhältnisse gewähren. „Für viele hat jetzt erst mal die Vermögensordnung Priorität“, meint Hans Werner Walzel, Vorsitzender der Arbeitsagentur. Denn eine Immobilie oder ein Fondsanteil kann zu einer starke Minderung des Arbeitslosengeldes II führen. Zudem, meint Walzel, habe sich „die Hartz-IV-Kampagne verfangen.“ Der Negativeindruck sei zu stark. Da hilft auch der ganze Service der Bundesagentur nicht viel.

„Wir haben versucht, die Leute per Angebot zu locken“, erklärt Pressesprecher Schader. „Im Juli haben wir ein erstes Schreiben an die Betroffenen verschickt, und sie aufgefordert, sich zu informieren.“ Ganz zwanglos wurde eine telefonische Beratungsstelle eingerichtet, keinerlei feste Termine wurden vergeben.

„Die Bundesagentur befindet sich im Wandel zu einer Dienstleistungseinrichtung. Wir möchten die Menschen dementsprechend wie Kunden behandeln.“ Ungünstig, dass die auf die sanfte Dienstleistungsbehandlung nicht anspringen. „Jetzt müssen wir eben offensiver werden“, meint Schader. Bleibt abzuwarten, ob ein paar Plakate in der Stadt offensiv genug sind. Meredith Haaf

Artikel vom 21.10.2004
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