Am 16. Oktober wird die Nacht wieder lang in vielen Museen

Kultur im Schnelldurchlauf

Der Herbst hat uns im Griff. Immer früher wird es dunkel, und immer kürzer will man sich im Freien aufhalten. Fast traditionell öffnen in dieser Zeit die Museen länger. Viel länger. Am 16. Oktober bis um zwei Uhr früh: Die „Lange Nacht der Museen“ nimmt ihren Lauf.

Zum sechsten Mal mischen sich kunstinteressierte Nachtschattengewächse mit nachtschwärmerischen Kunstinteressierten, um durch Münchens Museen, Galerien und Baudenkmäler zu ziehen.

Allerdings nehmen gleich vier der wichtigsten Adressen heuer zum ersten Mal nicht teil an der sonst breit angelegten Aktion, darunter die drei Pinakotheken.

Seit 1999 kümmert sich die Münchner Kultur GmbH darum, Kunst auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten zugänglich zu machen. Zumindest einmal im Jahr soll dadurch auch denen Kunst schmackhaft gemacht werden, die sonst keine typischen Museumsgänger sind. Das Happening zählt, das vielleicht in Freude an der Kultur übergeht. In vielen der Galerien, Museen und sonstigen Ausstellungsorten wird dazu ein Rahmenprogramm geboten, dem im normalen Tagesbetrieb die Zeit, der Raum und manchmal auch das Publikum fehlt.

Ganze 77 Einrichtungen nehmen diesmal teil an der Kultur-Tour. Dass die kunstliebenden Nachtaktiven in die Nähe all dieser Orte kommen, dafür sorgen MVG-Busse, die eigene Museumsrouten abfahren.

Die Kosten für das engmaschige Transportnetz sind im Preis von 15 Euro enthalten. Genauso bequem wie das Hinkommen ist dann auch das Betreten der jeweiligen Schauplätze – das Ticket gilt an allen teilnehmenden Orten.

Die Palette ist reichhaltig: Kunstgalerien, Villa Stuck, das Lenbachhaus oder auch das Stadtmuseum öffnen ihre Türen. Der Kunstbegriff wird heuer verstärkt auch in Richtung Architektur ausgeweitet. Eine bewusste Entwicklung, wie Karin Horch, Sprecherin der Münchner Kultur GmbH, erklärt: „Kunst findet nicht nur in Museen statt.“ Das Neue Rathaus oder etwa das Müller’sche Volksbad präsentieren sich heute selbst als betrachtenswerter Bau und nicht unbedingt die Kunst, die darin „hängt“.

Solch hängende Kunst, also Bilder und Gemälde, findet sich eigentlich zuhauf in den drei wahrscheinlich wichtigsten Kunstmuseen Münchens, den Pinakotheken. Ob „Alte“, „Neue“ oder „Moderne“: in allen der drei imposanten Häuser an der Barer Straße sammeln sich Klassiker der Malerei und Grafik. Und entsprechend bedauerlich ist, dass keine der Pinakotheken an der „Langen Nacht“ teilnimmt. Der Grund: Sparmaßnahmen, hohe Kosten, geringe Erlöserwartung.

Professor Florian Hufnagel, Leiter der Neuen Sammlung der Pinakothek, gibt sich ernüchtert: „Es ist ein immens hoher Kostenaufwand, viel Personal muss bezahlt werden, und ein finanzieller Gewinn steht nicht in Aussicht.“

Die drei Häuser müssen, wie viele andere kulturelle Stellen, enorme Kürzungen erleiden, nachdem die bayerische Regierung den Gürtel enger geschnallt hat. Bei einem Treffen aller staatlichen Museen einigte man sich deshalb darauf, dass nur die Ägyptische Staatssammlung und die Münzsammlung an der „Langen Nacht“ teilnehmen. Der schon bislang eintrittsfreie Sonntag sollte nicht gekippt werden, lieber verweigerten sich die Pinakotheken der Nacht, als den recht erfolgreichen Familientag zu opfern. „Wir haben auch ein sinkendes Interesse bei den Besuchern in den Nächten bemerkt. Kann gut sein, dass die Jahreszeit damit zu tun hat“, so Hufnagel. Schließlich sei es kalt und keiner habe bei so einem Wetter große Lust, durch die Kälte zu fahren. Könnte auch sein, dass die Gründe tiefer liegen. Gerüchte sprechen von Querelen zwischen Organisation und etwa der Pinakotheks-Leitung.

Auch die HypoKunsthalle enthält sich der nächtlichen Öffnung. Lapidar heißt es aus der Geschäftsführung: „Es war eine Entscheidung – wenn alle großen Häuser nicht mitmachen, dann machen wir auch nicht auf.“ Eine Art von Solidarität? Nein, damit habe das nichts zu tun. Das auch nicht kleine „Haus der Kunst“ an der Prinzregentenstraße traf dagegen eine andere Entscheidung. Geöffnet wird heute Nacht mit der derzeit gefeierten Europa-Ausstellung des Star-Architekten Rem Koolhaas. Doch das „Haus der Kunst“ ist lediglich gefördert durch den Staat, ansonsten aber eigenständig. Scheinbar kein Vorbild für die ganz privatfinanzierte Kunsthalle.

Doch ob Hypo oder Pinakothek, die Organisatoren der Münchner Kultur GmbH stören sich wenig an den Ausfällen. Dem Zerwürfnis-Gemunkel widerspricht Sprecherin Horch mit Nachdruck: „Es gab keinen Krach mit den Pinakotheken. Wir finden es wahnsinnig schade, dass sie nicht mitmachen. Es liegt einfach an den staatlichen Kürzungen. Die Häuser sind gezwungen, Abstriche zu machen. Trotzdem sind die Pinakotheken nicht alles: Wir haben ein wahnsinnig tolles Programm, das Niveau bleibt hoch, und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand nicht auf seine Kosten kommt.“

Von Albrecht Ackerland und Joy Belgassem

Gerade erst festgestellt, dass heute wieder die „Lange Nacht der Museen“ stattfindet?

Keine Panik, auch Kurzentschlossene haben noch die Möglichkeit, Tickets zu erwerben. Erhältlich sind diese sowohl an den üblichen Vorverkaufsstellen, als auch in allen teilnehmenden Museen, Galerien und Institutionen.

Das Herz der Langen Nacht schlägt am Odeonsplatz, wo man ab 14 Uhr auch Tickets kaufen oder sich über alles Wissenswerte informieren kann. Ab 18.45 Uhr starten von dort die ersten Shuttle-Busse zu ihren Touren durch die Innenstadt, Schwabing und den Münchner Westen und Osten. Die Haltestellen befinden sich meist direkt vor den teilnehmenden Häusern.

Zusteigen kann man mit gültigem Ticket natürlich wo man möchte. Zusätzlich verkehrt dieses Jahr zwischen 20.00 und 0.30 Uhr eine historische Trambahn aus dem Jahr 1957.

Alle, die nach sieben Stunden noch nicht nach Hause wollen oder sowieso davon überzeugt sind, dass die Nacht erst nach Mitternacht beginnt, können nach 2 Uhr weiterfeiern. Zur Wahl stehen das Aktionsforum Praterinsel, die Registratur, der Night Club im Hotel Bayerischen Hof und die whiteBOX in der Kultfabrik.

Artikel vom 14.10.2004
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