Personalwechsel bei den Münchner Bühnen

Kein Stillstand auf den Brettern

Stillstand ist der Tod. Das gilt auch und gerade für die Kultur. Wenn jedes Jahr immer wieder die gleichen Stücke gespielt, die gleichen Konzerte gehört, die gleichen Dialoge geprobt und die gleichen Regisseure inszenieren, wird sich irgendwann keinerlei kreatives Potential entfalten können.

Die Theater-, Orchester- und Opernhäuser in München wissen das, und deswegen werden jedes Jahr aufs Neue ganze Ensembles, Intendanten oder Geschäftsführer ausgetauscht und neue, frische Stücke inszeniert.

In München, wo die neue Theater- und Konzertsaison in diesen Tagen wieder eröffnet wurde oder bald wird, haben sich in den vergangenen Tagen tatsächlich große Veränderungen ergeben: Anfang der Woche erschütterte eine unerwartete Nachricht die Münchner Kulturlandschaft: Heiko Plapperer-Lüthgart, seit rekordverdächtigen 31 Jahren Geschäftsführer des Deutschen Theaters an der Schwanthaler Straße, kündigte an, seinen im Oktober 2005 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern werden.

„Ich möchte mich nun neuen Aufgaben zuwenden, die mich schon seit langem reizen, wozu aber nie die Zeit da war“, begründete der 60-Jährige, dessen Vater schon die Geschicke des Theaters leitete, seine Entscheidung. Die Stadtspitze reagierte zunächst verblüfft, aber nicht panisch. Am Dienstag ließ das Kulturreferat mitteilen, dass ein Nachfolger für Lüthgart „sehr schnell gefunden“ werden könnte. Dass es aber bereits am Mittwoch Abend so weit sein sollte, war mindestens genauso nicht zu erwarten, wie die Ankündigung Plapperer-Lüthgarts.

Auf jeden Fall: Mit der 41-Jährigen Andrea Friedrichs wurde eine Nachfolgerin gefunden, die beim immer noch von der Schließung bedrohten Deutschen Theater keine Unbekannte ist. Die international bekannte Theatermanagerin aus Solingen wird bereits im Dezember als Produzentin für das Märchenmusical „Die Schöne und das Biest“ tätig sein.

Es wird sich zeigen, ob die Neue beim Deutschen Theater ähnliche Erfolge feiern wird, wie der amtierende Geschäftsführer, der dem Theater immerhin schon seit Kindesbeinen verbunden ist. Dieser hatte es in den vergangenen Jahren geschafft, das etwas eingeschlafene Deutsche Theater wieder mit neuen, spektakulären und aufsehenerregenden Musicals neues Leben einzuhauchen.

Doch obwohl die Musicals wie „Falco meets Amadeus“, „Max Raabe“ oder „Abbamania“ äußerst erfolgreich liefen, werden die Gerüchte nicht leiser, dass das altehrwürdige Theater spätestens 2007 geschlossen wird. Um das zu verhindern, sucht das Theater zusammen mit Freunden und Förderern nach privaten Investoren, die das Theater retten sollen. Dabei ist der Handel sehr leicht: Wenn bis 2007 1,7 Millionen Euro gesammelt werden, kann der Spiegelsaal renoviert werden und das Theater bleibt der Stadt erhalten.

Die Aktion „Rettet das Deutsche Theater“ wird unter anderem vom IHK-Präsidenten Claus Hipp und vom Chef des Bayerischen Gaststättenverbandes Wiggerl Hagn unterstützt. Auch die Münchner Wochenanzeiger und das SamstagsBlatt beteiligen sich gerne an dieser wichtigen Aktion zur Rettung einer Münchner Kulturinstitution. Denn so wichtig Veränderungen im Kulturbetrieb sind, der Erhalt der Kulturstätten ist mindestens ebenso wichtig.

Bei den weltweit bekannten und geschätzten Münchner Philharmonikern hat sich eine einschneidende Veränderung bereits vollzogen. Christian Thielemann hat die Leitung des Ensembles von James Levine übernommen. Letzterer kam zwar mit ähnlich großen Vorschusslorbeeren wie jetzt Thielemann an die Isar, konnte dessen legendären Vorgänger Sergiu Celibidache, der bis zu seinem Tod 1996 die Geschicke der Münchner Konzertmusiker leitete, nie vergessen machen. Zudem ließ er sich nicht wirklich oft in der Landeshauptstadt blicken.

Unter Thielemann soll nun alles besser werden: Der gebürtige Berliner Dirigent gilt als das größte Talent seiner Zunft. Der 45-Jährige gastierte bereits in jungen Jahren an den wichtigsten Opernhäusern der Welt, etwa in London, Amsterdam, New York, Philadelphia oder Wien. Sein Antrittskonzert bestreitet der Berliner, der sich jetzt auch öfter in München sehen lassen möchte, am 29. Oktober mit Anton Bruckners-Symphonie Nr. Fünf in B-Dur.

Ein anspruchsvolles Stück, das gleichzeitig symbolisch steht für Thielemanns Stil: Dieser bevorzugt schwere, anspruchsvolle Stücke, bevorzugt von deutschen Komponisten. Nicht zuletzt deswegen wurde ihm bereits „Deutschtümelei” vorgeworfen. Thielemann selbst wird den Beweis antreten müssen, dass die Münchner Philharmoniker auch unter ihm ein Orchester von Weltrang bleiben können. Von Filippo Cataldo

Artikel vom 23.09.2004
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