Teuer! – Der vierte Tag

Albrecht Ackerland – „Meine Wiesn“

Bei aller Liebe, aber preislich gesehen ist das Oktoberfest das reinste Luxusgut. Darüber lässt sich jetzt zwar streiten. Ist doch Luxus etwas, das keiner unbedingt braucht, quasi die Schaumkrone vom Leben. Und erzählen Sie einem echten Münchner mal, dass er die Wiesn nicht unbedingt braucht!

Wie viel Geld ich an den ersten beiden Tagen schon rausgehauen hab, darf man gar keinem erzählen. Unglaublich viel Geld. Das ist aber auch kein Wunder, bei den Preisen. Irgendwie kommt es mir so vor, als ob eh alles einen Zehner kostet. Die Maß kostet fast einen Zehner, das halbe Hendl, die Zigarren, die Achterbahn, das Taxi heim. Wäre ich eine Frau, käme noch ein Zehner für´s Bieseln dazu, soviel kostet das, glaube ich, mittlerweile. Man kann auf der Wiesn so irre Geld ausgeben, und man muss dafür noch nicht mal Champagner aus Magnumflaschen und dann aus Bierseideln trinken. Man muss noch nicht mal ordentlich essen, zum Beispiel Ochsen oder Steckerlfisch. Glauben Sie bloß nicht, dass einer wie der Ackerland kein Geld auf der Wiesn braucht. Die glorreichen Biermarken-Zeiten sind längst vorbei, die Zeiten, wo dauernd irgendjemand einen einlädt und dann den ganzen Tisch freihält, auch. Wenigstens brauch ich nur für mich ein Wiesn-Budget, mal abgesehen von der ein oder anderen Spontan-Maß für ein hübsches Dirndl. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn man drei Kindern, eins davon im allein-auf-die-Wiesn-geh-fähigen Alter, und einer Frau das Oktoberfest finanzieren muss. Da helfen wahrscheinlich nur zwei Wochen Sonderurlaub außerhalb Münchens. Was aber natürlich auch nicht geht. Sie erinnern sich: Erzählen Sie mal einem echten Münchner...! Was also ist der Weg aus dem Münchner Dilemma? Für jeden mit erstem Wohnsitz in der Stadt fünfzig Prozent Rabatt? Spezielle Tage, an denen nur Münchner auf die Wiesn dürfen, mit günstigeren Preisen? Wie aber so etwas finanzieren? Mit höheren Strafgeldern? Wer einen Maßkrug klaut, muss grundsätzlich tausend Euro bezahlen? Wer am Bavariahügel schläft, 500? Wer alberne blau-weiße, filzerne Spitzhüte trägt, 2000? Modern-rustikale Anti-Tracht, die sogenannte Landhaus-Mode, 10000? Würde es die Falschen treffen? Gewagte Vorschläge, ich weiß, aber muss man nicht in alle Richtungen denken? Immerhin gibt´s heute und nächsten Dienstag den Familiennachmittag mit vergünstigten Preisen an den Karussells und Buden. Ein Anfang. Leider werden aber die Maßen nicht billiger, wie sollte man das auch rechtfertigen, an einem Familientag?

Artikel vom 21.09.2004
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