Attac diskutiert darüber, wie Hartz IV

Revolte bleibt aus

Wer gegen Hartz IV ist, sollte auch Bescheid wissen: Kurt Haymann erklärt gerne, worum es bei den umstrittenen Reformen geht.  Foto: maho

Wer gegen Hartz IV ist, sollte auch Bescheid wissen: Kurt Haymann erklärt gerne, worum es bei den umstrittenen Reformen geht. Foto: maho

„Jetzt muss ich wieder eine Klammer aufmachen.“ Diesen Satz gab Kurt Haymann von attac am Mittwochabend im Eine-Welt-Haus des Öfteren von sich. Kein Wunder: Das Thema, über das er referierte, ist derart umfangreich und komplex, dass einem ständig noch das ein oder andere bislang unerwähnte Detail einfällt.

„Reform oder Verelendung des Sozialstaates?“ Das war die Fragestellung des Tages, wobei man sofort merkte, dass die Frage rhetorischer Natur war, denn die Antwort, die attac darauf geben würde, stand bereits fest: Der letzte Tagesordnungspunkt lautete nämlich: „Wie kann Hartz IV verhindert werden?“

Der bedeutendste Fortschritt, den Hartz IV bringe, die Verbesserung der Vermittlung bei der Bundesagentur für Arbeit, habe nämlich einen Haken: Dass es kaum Arbeit gebe, welche den Arbeitslosen vermittelt werden könne. Ansonsten ließ Haymann kein gutes Haar an dem Gesetz über „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, wie Hartz offiziell genannt wird: Der rote Faden von Hartz I bis IV sei eine „kontinuierliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen“.

Hartz IV werde mehr Armut bewirken, die Bürokratie aufblähen und ginge mit einer Entwürdigung der Betroffenen einher. Besonders die Regelung, dass man seine Besitztümer in Teilen „verbrauchen“ müsse, um Anspruch auf das Arbeitslosengeld II zu haben, werde „eine ganze Reihe von Tragödien“ auslösen. Besonders bedauerlich findet Haymann, dass die Hartz-Gesetze in Deutschland dem Phänomen der „Working Poor“ den Weg bereiteten: Menschen, die eine Arbeit haben und trotzdem unterhalb der Armutsgrenze leben. Und das nicht nur, weil Betroffene Ein- oder Zwei-Euro-Jobs annehmen müssten, sondern auch, weil so ein unglaublicher Druck auf tarifliche Beschäftigungsverhältnisse erzeugt werde.

Beim Protest gegen Hartz IV setzt das globalisierungskritische Netzwerk attac auf kreative Ideen. Die Betroffenen forderte Haymann auf, individuellen Widerstand zu leisten, etwa indem man die inzwischen fast berüchtigten Fragebögen zum Arbeitslosengeld II ultrakorrekt ausfüllt und die Arbeitsagentur so auf Trab hält: Wer beispielsweise einen kostbaren Gegenstand besitze, dessen genauen Wert er nicht taxieren könne, sollte einen Gutachter bei der Arbeitsagentur anfordern. Das erklärte Ziel lautet, das Inkrafttreten der Gesetze zu verzögern, in der Hoffnung, dass sich die politische Gesamtsituation ändert, so dass Hartz IV kassiert wird. Von Martin Hoffmann

Artikel vom 09.09.2004
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