Führung über Giftpflanzen im Botanischen Garten

Die Dosis macht’s

Eine der giftigsten einheimischen Pflanzen: Die Tollkirsche.	Foto: F. Höck

Eine der giftigsten einheimischen Pflanzen: Die Tollkirsche. Foto: F. Höck

Nymphenburg · Am Sonntag, 5. September, um 14 Uhr, bietet der Botanische Garten in der Menzinger Straße eine Führung für Kinder und Erwachsene zum Thema »Giftpflanzen«. Diplom Biologin Gertraud Beck startet die Führung vor dem Gewächshauseingang.

»Vorsicht, die darf man nicht essen« heißt es, manchmal am besten nicht einmal berühren. Aber welche Pflanzen sind eigentlich wirklich giftig? Jedem wird dazu auf Anhieb eine andere Pflanze einfallen: Die Tollkirsche, die Engelstrompete, die Eibe, der Stechapfel, der Goldregen, das Maiglöckchen, der Eisenhut, der Seidelbast, der Hahnenfuß, der Riesen-Bärenklau, die Einbeere, die Herbstzeitlose, das Immergrün. Die Reihe ließe sich noch lange fortsetzen.

Fest steht jedenfalls, dass der Mensch schon in allerfrühester Zeit lernen musste, giftige und ungiftige Pflanzen auseinanderzuhalten. Steinzeitmenschen, deren Ernährung größtenteils aus selbst gesammelten Wildfrüchten und Wildgemüse bestand, konnten ihr Überleben nur durch eine gute Kenntnis der verschiedenen genießbaren und ungenießbaren Pflanzen sichern.

Heutzutage ist die Fähigkeit, giftige Pflanzen zu erkennen für den direkten Nahrungserwerb zumindest hierzulande nicht mehr lebensnotwendig. Es ist jedoch trotzdem speziell für Kinder, ihre Eltern und erwachsene Begleiter/innen wichtig, Bescheid zu wissen, welche Wild- oder Zierpflanzen unserer Umgebung unbedenklich oder gefährlich sind.

Zu leicht passiert es, dass Kinder im Spiel von köstlich aussehenden Beeren kosten. Dann ist es wichtig, dass Eltern die Pflanzen kennen und über den möglichen Giftigkeitsgrad informiert sind.

Noch besser ist es natürlich, wenn die Kinder wissen, welche Beeren und Samen sie nicht essen dürfen und welche Blätter als Gemüse ungeeignet sind. Lernen können Kinder so etwas am besten von jemandem, der sich in der Botanik der Giftpflanzen auskennt und vorführt, welche Pflanzen giftig sind und wie man sie am besten erkennt.

Eine gute Gelegenheit hierfür ist die Sonntagsführung. Gertraud Beck wird dabei bei einem Rundgang im Garten, der ins System und zu den Nutzpflanzen führt, auf verschiedene giftige Pflanzen eingehen. Wie giftig eine Pflanze wirkt, hängt außer von ihren Inhaltsstoffen natürlich auch von der verzehrten Menge (Dosis) und der Dauer der Einwirkung ab. Als besonders giftig werden aus unserer heimischen Flora z. B. die Tollkirsche und die bekannte, spät blühende Herbstzeitlose eingestuft. Drei bis vier Tollkirschen können unter Umständen für ein Kind bereits tödlich sein, ebenso die geringe Menge von 1,5 g Samen der Herbstzeitlose. Beide Pflanzen werden auch in der Medizin eingesetzt.

Geringe Mengen des Wirkstoffes Atropin, eines Alkaloids aus der Tollkirsche, dienen bei Augenuntersuchungen zu Erweiterung der Pupille; das hochgiftige Colchicin aus der Herbstzeitlose wird in kleinster Dosis in der Homöopathie bei Gicht und Herzentzündung eingesetzt. Diese Anwendung bestätigt die bereits im Mittelalter gemachte Erkenntnis, dass die Giftwirkung einer Substanz im direkten Zusammenhang mit der verwendeten Menge steht.

Paracelsus (1493–1541), der berühmte deutsch-schweizerische Arzt des Mittelalters, fasste das im folgenden bekannten Ausspruch zusammen: »Alle Dinge sind mit Gift und nichts ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.«

Artikel vom 02.09.2004
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