Mit einem Poster gedenkt die Augustenstraße ihren Holocaust-Opfern

Das Opfer, der Nachbar

Gegen das Vergessen: Mit solchen Postern gedenkt der Bezirksausschuss den Opfern des Nazi-Regimes aus der Augustenstraße.	Foto: bh

Gegen das Vergessen: Mit solchen Postern gedenkt der Bezirksausschuss den Opfern des Nazi-Regimes aus der Augustenstraße. Foto: bh

Maxvorstadt · Mitten im Münchner Zentrum gibt es nun das Poster zum Gedenken: »Zum Beispiel Augustenstraße« ist es betitelt. Der Bezirksausschuss 3, Maxvorstadt, hat Plakate drucken lassen, um an die Opfer des Nationalsozialismus in der Maxvorstadt zu erinnern.

Diese wurden im Stadtteil aufgestellt und dienen als Mahnmal. Am vergangenen Samstag gab es zusätzlich noch eine Ausstellung vor Ort. Vor den Häusern, in denen vor dem Krieg Juden gewohnt hatten, informierten ehrenamtliche Helfer mit Papptafeln über das Schicksal der damaligen Bewohner. »Bücher und Dokumentationen sind zwar wichtig«, begründet BA-Vorsitzender Klaus Bäumler (CSU) die Aktion. »Das Erinnern muss aber vor Ort im Alltag passieren.«

Der Bezirksausschuss Maxvorstadt organisiert seit 1996 jährlich Gedenkveranstaltungen zum Nationalsozialismus. Der Bezirk war eines der Zentren für das Hitler-Regime in München. Hier befanden sich vor 1945 das Gestapo-Hauptquartier und die NS-Kultstätten am Königsplatz. Mit Hilfe des Stadtarchivs hat der Bezirksausschuss nun die Lebensgeschichten der Juden in der Augustenstraße aufbereitet.

Die Stelltafeln für die Gedenkaktion stammen aus der Ausstellung »München arisiert« vom Frühjahr. Die Lebensläufe sind aus einem Handbuch des Stadtarchivs entnommen. Herausgekommen sind 16 Episoden über Einzelschicksale im Nationalsozialismus, Geschichten über Deportation und Emigration. Auf dem Poster ist in einem Straßenplan genau eingezeichnet, wo die Opfer wohnten.

Dabei sei das, was in der Augustenstraße passierte, nicht schlimmer gewesen als anderswo, erklärt Bäumler. »Es war eine typische Straße.« Seine BA-Kollegin Kirsten Bärmann-Thümmel (Grüne) sieht in der scheinbaren Normalität der Straße von damals die Stärke der Gedenkaktion: »Man muss sich klar werden, dass die Opfer Nachbarn waren, dass es im Haus nebenan passierte.«

Trotz Dauerregens informierten sich am Samstag überraschend viele Bürger über die Vergangenheit ihrer Nachbarschaft. Zeitzeuge Ernst Grube, als Kind selbst nach Theresienstadt deportiert, war froh über das große Interesse an seiner Informationstafel. Und trotzdem sagt er: »Ich hätte vor fünfzig Jahren nicht gedacht, dass so etwas noch einmal nötig sein wird.«

Artikel vom 18.08.2004
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