Am Montag startet die Spielstadt „Mini München“

Als erstes musst Du reich werden

Wer Vollbürger ist, kann in „Mini München“ einen eigenen Gewerbebetrieb errichten. Die beiden Jungs machen es vor mit dem „Witzestand“ Foto: MiMü

Wer Vollbürger ist, kann in „Mini München“ einen eigenen Gewerbebetrieb errichten. Die beiden Jungs machen es vor mit dem „Witzestand“ Foto: MiMü

Am Dienstag und Mittwoch platzt die Stadt aus allen Nähten. Bis zu 2000 Kinder und Jugendliche kommen dann in die Werner-von-Linde-Halle, um für ein paar Stunden in ihrer eigenen Stadt zu leben: „Mini München“.

Die Taxis (Kettcars) schieben sich durch überfüllte Gassen. Die stadteigene Zeitung „MiMüz“ muss die Auflage kräftig steigern, und weder die Hochschule noch das Kino können über mangelnden Zulauf klagen. Im Gegenteil: dienstags und mittwochs sind so viele MiMü-Bürger (zwischen 7 und 15 Jahren) in der Stadt, dass die Arbeitslosigkeit im kleinen München rapide ansteigt.

Vor dem Arbeitsamt herrscht Gedränge, wenn neue Jobs angeboten werden und manch einer, der keine „MiMüs“ in der Tasche hat, fängt gar das Betteln an. Zumindest bis um 18 Uhr die Tore schließen und das Leben draußen, im großen München der Erwachsenen wieder weiter geht.

Seit mittlerweile 24 Jahren kommen alle paar Sommer tausende Münchner Kinder und Jugendliche zusammen um für ein paar Wochen ihre eigene Stadt aufzubauen mit ihren eigenen Regeln und Steuern (ein Fünftel des Einheitslohns). Auch dieses Jahr ist es wieder soweit, ab Montag lebt für knapp drei Wochen das kleine München.

„Wir wundern uns dabei oft selbst, wie viele Regeln die Kinder haben wollen“, erzählt Dagmar Kraska, deren Verein „Kultur und Spielraum“ alle zwei Jahre die Spielstadt „Mini München“ organisiert. Die Veranstalter, die täglich 50 bis 90 Erwachsenen, bleiben in der Spielstadt meist im Hintergrund, geben nur Rahmenbedingungen vor und organisieren die Technik.

Die Ausgestaltung des Lebens liegt bei den Kindern, die ihre Stadt ganz gewöhnlich organisieren: Freitags tagt das Gericht, einmal in der Woche finden Wahlen statt und dazwischen wird Geld verdient und ausgegeben im Handwerkerhof, in der Hochschule oder im Stadttheater. Alles wie „in echt“ und doch ein bisschen anders: Der siebenjährige Kemal ist in „Mini München“ für einige Stunden einfach nur Hochschullehrer, Spezialgebiet Käfer. Und die 14-jährige Anna muss sich - der Arbeitsmarkt will es so - für einen Dienstleistungsjob entscheiden: Taxifahren ist angesagt. Macht aber nichts, der Lohn ist für alle gleich.

Übrigens: Der heute 34-jährige Patrik Schwarz war vor Jahren auch einmal in „Mini München“, damals als Immobilienmakler. Denn: „Politik in den Gründertagen von Mini-München war wie Politik in WildWest: als erstes musstest Du reich werden.“ Heute ist Schwarz Ressortleiter Inlandspolitik bei der Berliner „tageszeitung“ und weiß inzwischen, dass „der Berliner Politikbetrieb im Vergleich zu ‚Mini München’ eine staatliche Versorgungsanstalt ist.“

Mal schauen, ob der „kleine“ Stadtrat am letzten Samstag auch zu einem solchen Ergebnis kommt, wenn er „Bilanz zieht“. Wahrscheinlich wird es dann aber nicht nur von einigen Außenseitern heißen: „Mini München macht Spaß - hier lern’ ich, ohne dass ich es merke!“

Die Spielstadt „Mini München“ findet vom 3. bis 21. August im Münchner Olympiapark statt (Werner-von-Linde-Halle). Geöffnet ist Dienstag bis Samstag von 11 bis 18 Uhr. Teilnehmen können Kinder und Jugendliche von 7 bis 15 Jahren. Von Max Hägler

Artikel vom 29.07.2004
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