Routineüberprüfung per Gendatenbank brachte die Lösung

Mord im Englischen Garten geklärt

Zwei der bundesweit 360.763 Datensätze in der BKA-Datenbank haben vor einigen Tagen zueinandergepasst. Für Bernd K. ging damit nach zwanzig Jahren ein unbekümmertes Leben zu Ende und der Münchner Mordkommission gelang die Aufklärung eines Falles aus den frühen Achtzigern.

Am 31. August 1983 war eine 18-jährige Schülerin im Englischen Garten ermordet aufgefunden worden. Die Ermittlungen ergaben, dass Hella O. aus dem Landkreis Ansbach erdrosselt worden war. Kurz vor Mitternacht an diesem Augusttag war die junge Frau am Münchner Hauptbahnhof angekommen, danach verlor sich ihre Spur. Die Tat konnte nun Dank eines Treffers in der bundesweiten DNA-Datenbank geklärt werden. Die damals gesicherten Spuren waren im Rahmen der Überarbeitung sogenannter Altfälle beim Institut für Rechtsmedizin in München erneut analysiert worden.

Dabei konnte genetisches Material isoliert werden, das zweifelsfrei einem in Nordrhein-Westfalen lebenden Mann zugeordnet werden kann.

Der Spurenverursacher, ein heute 42-jähriger verheirateter Arbeiter, war wegen versuchter Vergewaltigung und versuchten Mordes an einer amerikanischen Touristin im Jahre 1984 zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Nach seiner Entlassung kehrte er nach Nordrhein-Westfalen zurück, heiratete und ging einer geregelten Arbeit nach. 2002 musste er – im Zuge der Altfall-Aufarbeitung – eine Speichelprobe abgeben, die in die Datenbank des Bundeskriminalamtes eingestellt wurde. Als nun in diesem Jahr die Spuren des Münchner Mordfalles routinemäßig auf gentechnisch verwertbare Spuren untersucht wurden, kam es zu einer Übereinstimmung und am 15. Juli zur Festnahme des Mannes.

Gendatenbank: Verdacht reicht aus

Max Hägler sprach mit Kriminaloberrätin Eva Schichl über Methoden und Rahmenbedingungen von polizeilichen Genanalysen. Schichl ist Dezernatsleiterin „Erkennungsdienste“ im Landeskriminalamt Bayern und dabei unter anderem zuständig für Genanalysen und Fingerabdrücke.

Was genau untersuchen Sie bei polizeilichen DNA-Auswertungen? Wir arbeiten mit dem Ergebnis, dass uns die Kriminaltechnik nach wissenschaftlicher Analyse zur Verfügung stellt: Acht Zahlenpaare, die etwa aus Hautschuppen oder Abstrichen im Mundraum herausgearbeitet werden. Diese werden dann in eine bundesweite Datenbank eingestellt, die vom Bund für die Länder vorgehalten wird und – auch länderübergreifende – Vergleiche ermöglicht.

Von wem werden Proben genommen und schließlich Datensätze abgespeichert? Zum einen landen in der Datenbank Datensätze von ungeklärten Fällen, also Tatortspuren. Zum anderen werden mittlerweile alle Straftäter, die eine Tat von erheblicher Bedeutung begehen, um eine Probe gebeten, begründet auf dem Strafprozessrecht. Dazu werden auch Täter rückwirkend aufgenommen, wie etwa im Münchner Mordfall. Am Dienstag waren so bundesweit 360.763 Datensätze abgespeichert, 68.722 davon aus Bayern.

Und wer nicht mitmacht...? ... der muss das vor Gericht klären lassen. Der Richter entscheidet in dem Fall einer Weigerung über die gesetzlichen Voraussetzungen und gegebenenfalls die Pflicht zur Probenabgabe. Das Vorgehen hier ist allerdings je nach Bundesland unterschiedlich.

Daten aus DNA-Auswertungen, das klingt nach der Pflicht zu Datenschutz. Der wir auch nachkommen. Nicht mal ich habe Zugriff auf diese Datenbank, in ganz Bayern haben nur sechs Mitarbeiter die notwendige Berechtigungsstufe. Im Übrigen kommt der Name eines Eingespeicherten regulär erst dann zum Vorschein, wenn es eben einen Treffer aufgrund einer gleichgearteten Tatortspur gibt.

Mit Blick auf unser Rechtssystem würde man annehmen, dass dauerhaft nur Verurteilte abgespeichert werden und nicht auch eingestellte Verfahren. Ist das so? Nein. Auch bei einer Einstellung eines Verfahrens kann der Sachbearbeiter im Einzelfall aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse entscheiden, dass das DNA-Muster eines Verdächtigen gespeichert bleibt. Dies muss nachvollziehbar begründet werden. Natürlich sind die Daten bei einem rechtskräftigen Einspruch zu löschen. Generell wird die Speicherung im Zehnjahres-Turnus überprüft, im Hinblick darauf, ob sie gerechtfertigt ist.

Einmal drin, wie kommt man wieder raus? Indem man die Speicherung vom Verwaltungsgericht überprüfen lässt, oder eben durch Löschung nach der regelmäßigen Überprüfung.

mh

Artikel vom 23.07.2004
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