Fraktionsvize Otmar Bernhard soll Nachfolger werden. SPD, FDP und Grüne fordern Aufgabe des Ministeramts

Monika Hohlmeier tritt als Münchner CSU-Chefin zurück

Zieht sich wegen „Doppelbelastung“ vom Münchner CSU-Vorsitz zurück: Monika Hohlmeier 	F: CSU

Zieht sich wegen „Doppelbelastung“ vom Münchner CSU-Vorsitz zurück: Monika Hohlmeier F: CSU

Zu tief ist der Sumpf in der Münchner CSU, zu hart die Bandagen mit denen in der Partei gekämpft wird, zu hartnäckig die Trickser und Karrieristen. Als Konsequenz aus der parteiinternen Wahlintrige der Münchner CSU wird Monika Hohlmeier im September vom Bezirksvorsitz zurücktreten.

Nachfolger soll Otmar Bernhard werden, der Fraktionsvize der Landtags-CSU ist. Gleichzeitig fordern Vertreter von FDP, SPD und den Grünen den Rücktritt Hohlmeiers vom Ministeramt, nachdem Hohlmeier parteiinternen Gegnern mit der Veröffentlichung über deren Privatleben gedroht haben soll. Als Begründung ihres Rückzugs von der CSU-Spitze gab Hohlmeier die Doppelbelastung von Parteiamt und Ministerverantwortung an. Erst vor einem Jahr war die Kultusministerin angetreten, um den „sehr komplizierten“ Bezirksverband ruhig zu stellen.

Mit der Personalkonsequenz nimmt der Ärger in der Münchner CSU jedoch immer noch kein Ende. Denn der CSU-Landtagsabgeordnete und Hohlmeier-Freund Joachim Haedke, laut Amtsgericht München der Drahtzieher der Wahlintrigen, verstrickt sich immer tiefer in einem Gewirr aus Halbwahrheiten. Noch am Montag war Haedke, dessen Beteiligung an der Wahlfälschung kaum mehr zu widerlegen war, von Hohlmeier mit einer vergleichsweise milden Parteistrafe belegt worden.

Zu milde war das Vorgehen wahrscheinlich in den Augen der Parteibasis und zuviel liegt wohl noch im Argen, jedenfalls erklärte Hohlmeier einen Tag nach der Aburteilung von Haedke ihren Rückzug vom Bezirksvorstand.

Der Ort war dabei derselbe wie stets: Bezirksbüro München, Adamstraße 2, gleich vis-a-vis der CSU-Zentrale. (Siehe Samstagsblatt vom 3. Juli und 10. Juli) Nur der Tag war ein anderer als sonst: Während Monika Hohlmeier in den letzten Wochen regelmäßig montags um 14 Uhr vor die Presse trat, um den Zwischenstand in Sachen Wahlaffäre durchzugeben, lud die Bezirksvorsitzende der Münchner CSU in dieser Woche eben auch noch am Dienstag um 18 Uhr zur Erklärung: „Ich beabsichtige, mein Amt Ende September zurückzugeben“ war der entscheidende Satz. Fragen ließ sie nicht zu. Als Gründe gab Hohlmeier die Doppelbelastung an, das Parteiamt und ihre Tätigkeit als Kultusministerin ließen sich „terminlich nicht vereinbaren“. Schon seit einigen Monaten habe sie sich „innerlich mit dem Gedanken befasst“, ob die beiden Tätigkeiten miteinander vereinbar seien.

Gerade jetzt, wo es ans Aufräumen des intrigenzersplitterten Verbandes gehe, seien „viele Einzelgespräche notwendig“, das könne sie nicht leisten, erklärte Hohlmeier. Im Übrigen habe sie mit der Taskforce „WM 2006“ und natürlich ihrem Staatsministeramt „Aufgaben nicht zu knapp“. Eine Diskussion um einen Rückzug aus dem Kabinett ließ sie gar nicht aufkommen. Zu Beginn ihrer Stellungnahme erklärte Hohlmeier, dass „ich im Herbst weitere große Reformen im Bildungsbereich geplant habe“.

Nach Zeitungsberichten liegt der Rückzug aber nicht nur im vergeblichen Bemühen, den zeitaufwendigen und zerstrittenen Bezirksverband im Zaum zu halten. So hat es in der Münchner Parteiführung am letzten Freitag wohl heftige Kritik an Hohlmeiers mangelndem Aufklärungswillen in der Wahlaffäre gegeben. Daraufhin habe sie ihre Parteikollegen vor mangelnder Linientreue gewarnt und mit den Worten „So, gegen jeden von Euch gibt es was“, einen „grünen Plastikordner“ mit persönlichen Dossiers auf den Tisch geknallt. Am Tag darauf soll es laut „Süddeutscher Zeitung“ eine Rücktrittsforderung gegeben haben, unterschrieben unter anderem von den Landtagsabgeordneten Georg Eisenreich, Ludwig Spaenle, Stadtrat Richard Quaas, Rathausfraktionschef Hans Podiuk und dem Bundestagsabgeordneten Johannes Singhammer.

Trotz Nachfrage hat sich noch keiner der Betroffenen zu den Anschuldigungen geäußert. Aus den Landtagsfluren verlautete allerdings, dass Spaenle den Vorgang bestätigt habe. Dies wies Hohlmeier wiederum in einigen Statements entschieden zurück: „Wenn Spaenle das äußert, dann finde ich das wirklich unerträglich“, sagte sie dem BR. Währenddessen haben ihr Ministerpräsident und Landtagsfraktion den Rücken gestärkt, zumindest fachlich: „Frau Hohlmeier leistet als Kultusministerin eine ausgezeichnete Arbeit“, erklärte Joachim Herrmann, CSU-Fraktionschef im Landtag. Und auch Stoiber rückt momentan nicht von Hohlmeier ab: „Frau Hohlmeier ist eine erfolgreiche Kultusministerin und wird es bleiben.“ Allerdings wollte er sich zum Punkt Dossier nicht äußern, dies könne er nicht beurteilen.

Auch Otmar Bernhard, Hohlmeiers designierter Nachfolger, soll die Rücktrittsresolution unterschrieben haben. Bislang war der CSU-Politiker – Vize der Landtagsfraktion – kaum aufgefallen, und wenn dann durch große Zurückhaltung. Bei Hohlmeiers Rücktrittserklärung am Dienstag im kleinen Pressezimmer der Münchner CSU konnte sich der freundliche Mann im Trachtenjanker jedenfalls nicht auf Anhieb durchsetzen. „Können Sie bitte Platz machen für den Herrn Bernhard“ hieß es von der umlagerten Bezirksvorsitzenden, erst dann rückten die Kamerateams und Fotografen auf die Seite und machten den Weg frei für den designierten Vorsitzenden.

Ob der Parteiweg für den Landtagsabgeordneten Joachim Haedke frei bleibt, ist dagegen zunehmend fraglich. Am Montag wurde Haedke, der vom Gericht als „Drahtzieher“ der Wahlfälschungen ausgemacht worden war, unter Leitung von Hohlmeier noch sehr sanft sanktioniert: Fünf Jahre lang dürfe er keine Parteiämter mehr übernehmen, lautete das nachsichtige Urteil der Parteispitze.

Dabei hatte Haedke wohl maßgeblich dazu beigetragen, Ergebnisse von parteiinternen Wahlen zu Gunsten des Landtagsabgeordneten Traublinger zu fälschen. In diesem Zusammenhang wurden Ende Juni drei CSU-Funktionäre erstinstanzlich zu Geldstrafen verurteilt.

Mittlerweile liegen der „Süddeutschen Zeitung“ teilweise eidesstattliche Aussagen vor, denen zu Folge Haedke die Anwaltshonorare des ebenfalls verurteilten Wahlfälschers Maximilian J. gezahlt habe. Dieser Beteiligte, ein kleines Rad im Ränkespiel, hatte am vergangenen Wochenende Monika Hohlmeier der Mitwisserschaft am Intrigenspiel bezichtigt. Steffen Ufer, der Anwalt von J., ließ auf Nachfrage mitteilen, dass er „momentan nicht gesprächsbereit“ sei.

Für die SPD steht nach Hohlmeiers Verhalten fest, dass sie „als Kultusministerin nicht mehr tragbar“ ist. Franz Maget, Chef der Landtagsfraktion und Vorsitzender der Münchner CSU erklärte mit Verweis auf das Dossier weiter: „Das ist menschlich und politisch in keiner Weise vertretbar und muss in unserer Gesellschaft Konsequenzen haben.“ Auch Siegfried Benker, Vorsitzender der grünen Rathausfraktion, hält Hohlmeier inzwischen nicht mehr für tragbar. Teile der CSU seien dabei, die Demokratie zu entkernen und durch mafiöse Strukturen zu ersetzen. „Die Flecken auf der weißen Weste der CSU-Vorsitzenden Hohlmeier sind auch die Flecken auf dem Kostüm der Staatsministerin. Hohlmeier muss gehen“, fordert Benker. Und Tim Sieber, Vorsitzender der FDP München-Nord ist ebenfalls für den Abgang: „Nicht nur Haedke und Co. müssen weg, auch Monika Hohlmeier hat ausgedient.“

Von Maximilian Hägler

Artikel vom 22.07.2004
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