Stadtrat kippt verkaufsoffenen Sonntag in der Tegernseer Landstraße im letzten Moment

Schatten überm Stadtteilfest

Die Tegernseer Landstraße wird nicht zur Sonntags-Einkaufsmeile. Verkaufsoffen? Abgelehnt!

Die Tegernseer Landstraße wird nicht zur Sonntags-Einkaufsmeile. Verkaufsoffen? Abgelehnt!

Obergiesing · Den Giesingern ist die Festlaune erstmal vergangen. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr, in dem Stadtteil und Stadt vom 27. Juni bis 4. Juli Eingemeindung Giesings nach München vor 150 Jahren feiern wollen, hat der Stadtrat den Vorstädtern diese Woche eine gehörige Abfuhr erteilt. Am Mittwoch hat der Stadtrat mit den Stimmen von SPD (darunter Oberbürgermeister Christian Ude) und CSU, der ÖDP und PDS den für 27. Juni geplanten verkaufsoffenen Sonntag auf der Giesinger Einkaufsmeile, der Tegernseer Landstraße, mehrheitlich abgelehnt und damit abgesagt. Sehr zur Überraschung der Giesinger.

»Wir sind äußerst verärgert«, beschreibt Horst Walter (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Obergiesing (BA 17), die angespannte Stimmung vor Ort. Dabei wollte der BA doch die gesamte Bevölkerung Giesings in dieses außergewöhnliche Stadtteilfest miteinbeziehen. »Auch die ›Gewerbebürger‹«, so Walter. Vor ein paar Monaten wurde mit den ansässigen Geschäftsleuten die Idee geboren, die Tegernseer Landstraße zwischen Wirt- und St-Bonifatius-Straße in eine Flaniermeile für alle Giesinger und auch Besucher aus anderen Stadtteilen zu verwandeln, auf der sich die Geschäfte von 12 bis 17 Uhr von ihrer besten Seite präsentieren wollten.

Das zuständige Kreisverwaltungsreferat hatte jedenfalls keinerlei Einwände. »Die Befürchtungen, dass mit dieser Sonntagsfreigabe ein Präzedenzfall geschaffen wird, der eine Welle anderer Anträge nach sich ziehen könnte, erscheinen im Hinblick auf das eher seltene Ereignis einer 150-jährigen Eingemeindung sowie auf die gesetzlich begrenzte Zahl von jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen (drei wurden in München bereits mit Oktoberfest und Fasching freigegeben, d. Red.) unbegründet«, so das KVR in seiner Beurteilung, die dem Stadtrat als Empfehlung gedient hatte. Dabei verwies das Referat auf einen ähnlichen Fall im Jahr 2000, als anlässlich der 100-jährigen Eingemeindung Laims eine Sonntagsöffnung vom Stadtrat genehmigt wurde.

»So einen Sündenfall muss man ja nicht wiederholen«, meint dazu Richard Quaas von der Stadtrats-CSU. »Die CSU ist prinzipiell gegen Verkauf an Sonn- und Feiertagen«, erklärt Quaas die Absage, der sich für laut eigenen Aussagen für die Münchner Wirtschaftskraft und den Mittelstand einsetzt. Von der Stadtratsfraktion der SPD liegt uns zurzeit noch keine Stellungnahme vor, ebenso nicht von Christian Ude.

»Uns geht es doch gar nicht um den großen Reibach«, meint Karl Darchinger von Schreibwaren Müller auf der Tegernseer Landstraße, der am 27. Juni Kaffee und Kuchen für einen guten Zweck verkaufen wollte. »Der Event soll doch vor allem die Tegernseer Landstraße attraktiver machen, in einer Zeit, wo der Einzelhandel eh ums Überleben kämpft.« Darchinger und sieben weitere beteiligten Geschäfte haben jedenfalls einiges an Engagement, Zeit und natürlich auch Geld für die Vorbereitungen investiert. »500 Euro habe ich persönlich bisher in den Sand gesetzt«, klagt Darchinger.

Für BA-Chef Walter steht jedenfalls die Glaubwürdigkeit der gewählten Volksvertreter auf dem Spiel. Er befürchtet, dass die Bürger nach einer derartigen Entscheidung immer weniger Lust haben, ehrenamtlich für das Gemeinwohl und ihren Stadtteil zu engagieren. BA-Chef Walter hat den verantwortlichen Stadträten fürsorglich geraten, Giesing zur Zeit der Stadtteilwoche großräumig zu meiden: »Ich empfehle einen langen Ausflug nach Niederbayern...«

Nur der Oberbürgermeister könnte jetzt noch ein Machtwort sprechen und den verkaufsoffenen Sonntag kurzfristig ermöglichen. Walter hat Ude in einem Schreiben um eine positive Eilentscheidung gebeten. Die Anwort steht noch aus. Aber dass Ude sich doch noch gegen die Mehrheit seiner Stadtratskollegen und gegen seine bisherige Meinung stellen wird, ist nicht zu erwarten.

Michaela Schmid

Artikel vom 18.06.2004
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