Ausstellung im Architekturmuseum zu Jacques Tati

Der modernen Welt ausgeliefert

Maxvorstadt · Das Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 29, präsentiert derzeit die Ausstellung »Die Stadt des Monsieur Hulot. Jacques Tatis Blick auf die moderne Architektur« (bis 2. Mai 2004).

Jacques Tati (1907 bis 1982) hat als Regisseur nur fünf Kinofilme gedreht: »Jour de Fete« (Tatis Schützenfest) 1949, »Les Vacances de Monsieur Hulot« (Die Ferien des Monsieur Hulot) 1943, »Mon Oncle« (Mein Onkel) 1958, »PlayTime« (Tatis herrliche Zeiten) 1967 und »Trafic« (Tati im Stoßverkehr) 1971.

Aber diese Filme und die von ihm geschaffene Figur des Monsieur Hulot reichten aus, ihm den Ruhm als einer der bedeutendsten Komödienregisseure und Komiker der Filmgeschichte zu sichern. Mit dem von ihm selbst gespielten Monsieur Hulot präsentiert Tati einen schüchternen, liebenswerten Mann mit Hochwasserhosen und Ringelsocken. Hulot scheint den technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neuerungen sowie vor allem der modernen Architektur hilflos ausgeliefert zu sein, aber in dieser Rolle macht er die Probleme der Modernisierung erst bewusst.

Tatis Filme halten den Menschen einen Spiegel vor, in dem sie die Auswirkung von Architektur, Städtebau und der sich mit der Moderne wandelnden Lebenswelt auf sich selber sehen können: Zusammen mit dem Filmarchitekten Jacques Lagrange zeigt Tati das groteske Wohnen in der technisierten vollautomatischen Villa Arpel (»Mon Oncle«), das anonyme Arbeiten in sterilen Glascontainern (»PlayTime«), das kommerzialisierte Freizeitgeschäft (»Les Vacances de Monsier Hulot«) und die Folgen der Motorisierung (»Trafic«). Tatis Filme können somit auch als »Interpretation« der Träume und Konzepte moderner Architekten und Städtebauer verstanden werden, die eine bessere Welt errichten wollten, aber häufig nur alte Lebensformen zerstörten und neue Alpträume schufen.

Die Ausstellung ist deshalb entsprechend Le Corbusiers »Chara von Athen« (1943) gegliedert, denn deren Leitbegriffe – Wohnen, Arbeiten, Verkehr, Freizeit und Kulturerbe – bestimmen vielfach den Wiederaufbau und Neubau der Städte nach 1945.

Standbilder, Fotografien, Originalzeichnungen, ein Modell der Villa Arpel im Maßstab 1:10 und erläuternde Filmdokumente vermitteln ein Bild von Tatis Arbeit und vom zeitgeschichtlichen Hintergrund. In einem kleinen Ausstellungskino werden täglich »Mon Oncle« und »PlayTime« gezeigt. Führungen finden ab dem 19. Februar, jeden Donnerstag um 18.30 Uhr statt.

Artikel vom 29.02.2004
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