Wirte und Metzger wollen die Reinheits-Rezeptur schützen

Jetzt geht’s in München um die Wurst

So kommt die Wurst in den Schweine-Saitling: Markus Brandl (rechts) brachte einem talentierten OB Ude neue Fertigkeiten bei.	Foto: job

So kommt die Wurst in den Schweine-Saitling: Markus Brandl (rechts) brachte einem talentierten OB Ude neue Fertigkeiten bei. Foto: job

München · Fast zwei Drittel der Bundesbürger glauben, daß eine Münchner Weißwurst aus Stadt oder Landkreis München kommt. Das belegt eine aktuelle Untersuchung der GfK Nürnberg. Nicht nur OB Christian Ude sieht jedoch die Gefahr, daß künftig Billigproduzenten »vom Ruf der Münchner Weißwurst schmarotzen« und ihre Würste dem Verbraucher als Münchner Produkte auftischen.

Die »Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst« will solchermaßen Undenkbarem Einhalt gebieten. Sie hat beim Deutschen Patentamt beantragt, das kulinarische Aushängeschild der Stadt zu schützen: »Münchner Weißwurst« soll eine geschützte geografische Angabe nach Europarecht werden. Dann dürften nur noch solche Weißwürste »Münchner« heißen, die tatsächlich in Stadt oder Landkreis München hergestellt wurden.

Die Schutzgemeinschaft, der viele Münchner Metzger und Wirte angehören (u.a. Anton Anzenberger, Feinkost Widmann, Hans Bauer, Bruno März, Andreas Gassner, Sollner Hof, Gaststätte Großmarkthalle / Wallner, Metzgerei Probst, Josef Schnell und Vinzenzmurr) verweist darauf, daß die Köstlichkeit schließlich in München erfunden (1857 durch den Wirtsmetzger Sepp Moser im Ewigen Licht am Marienplatz) und die Rezeptur im offiziellen Amtsblatt der Landeshauptstadt vor den Olympischen Spielen 1972 ganz klar festgesetzt wurde.

Dieses »Reinheitsgebot« schreibt einen überwiegenden Anteil von Kalbsfleisch in der Münchner Weißwurst vor. Aus Kostengründen missachteten zahlreiche Hersteller die hochwertige Rezeptur und griffen auf Schweinefleisch zurück - ein Frevel und Mißbrauch des Namens Münchner Weißwurst. Die Schutzgemeinschaft hat nun eine Unterschriftenaktion zur Rettung der Münchner Weißwurst gestartet und setzt auf einen gewaltigen Rücklauf der Unterstützungserklärung (siehe Coupon), um das Patentamt von der Wichtigkeit des Schutzes zu überzeugen.

Dafür schwänzte OB Ude sogar die ihm ansonsten heilige »Kabinettssitzung« mit seinen Referenten. Er unterzeichnete die erste Unterstützungserklärung im Beisein von prominenten Mitgliedern der Schutzgemeinschaft wie Karl-Heinz Wildmoser, Toni Roiderer (Wiesn-Wirtesprecher) Andreas Gassner, Barry Werkmeister (tvm) und Markus Brandl (Vinzenzmurr).

Die Münchner sehen den Schutz ihrer Weißwurst in Gefahr, weil der Fleischerverband Bayern einen eigenen Antrag beim Patentamt gestellt hat und die »Münchner Weißwurst« zum Gattungsbegriff (wie z.B. »Wiener Würstl«) machen will, der dann auch von Produzenten in Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und Schwaben verwendet werden dürfte. Das hält die Schutzgemeinschaft für eine Verbrauchertäuschung, denn was, so Markus Brandl, »hat bitte Cham, Passau, Lindau, Augsburg und Neu-Ulm mit der Münchner Weißwurst zu tun? Genau so viel wie Ulm - gar nichts!«

Gelingt es nicht, den geografischen Schutz zu erreichen, könne »Münchner Weißwurst« von Buxtehude bis Zagreb überall und ohne besonderen Schutz der Rezeptur hergestellt werden, warnt Brandl. »Starten Sie mit uns eine noch nie da gewesene Rettungsaktion«, rufen er und die Schutzgemeinschaft die Münchner auf.

Da im Februar die Frist zur Stellungnahme zu den Schutz-Anträgen abläuft, hoffen die Münchner Metzger und Wirte, das Deutsche Patent- und Markenamt in Form einer unglaublichen Flut von Unterschriften und Unterstützungserklärungen mit Hilfe der Bürger zu überzeugen. job

Artikel vom 22.01.2004
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...