Die Dachsanierung von St. Michael: Für die Zimmerer ein echter Knochenjob

Irgendwas zwickt immer

Über die Hälfte der Dachsanierung von St. Michael ist schon geschafft: Marcus Grabrucker (rechts) macht die Nordseite mit seinen Kollegen derzeit winterfest. Die Südseite ist bereits fertig.	Fotos: ms

Über die Hälfte der Dachsanierung von St. Michael ist schon geschafft: Marcus Grabrucker (rechts) macht die Nordseite mit seinen Kollegen derzeit winterfest. Die Südseite ist bereits fertig. Fotos: ms

Berg am Laim · Frauen verirren sich eher selten hier rauf. Die Finger sind nach fünf Sekunden blaugefroren, der Blick nach unten macht schwindelig, der Blick nach oben irgendwie auch, so steil, fast senkrecht ragt das Dach von St. Michael in den Himmel.

Dort oben herumzukraxeln, das ist für Marcus Grabrucker ganz normal. Seit diesem Frühjahr steigt der Zimmerermeister Tag für Tag um sieben Uhr morgens auf das Gerüst in 30 Meter Höhe, um mit seinen drei Mitarbeitern den lädierten Dachstuhl der Berg am Laimer Barockkirche zu erneuern. Am kommenden Donnerstag vorerst zum letzten Mal – für dieses Jahr. Bevor es bis März in die Winterpause geht, tackern die Männer auf der Nordseite gerade blaue Planen fest als Wetterschutz.

»Wir haben bisher 65 Prozent geschafft«, schätzt der 30-Jährige. Und das fast ohne Maschinen – außer einem Lastenaufzug: Denn damit das darunterliegende Gewölbe nicht beschädigt wird, müssen Grabrucker und seine Kollegen überwiegend selbst Hand anlegen: um zusätzliche Holz-Fachwerke einzuziehen oder Stahlverspannungen zu verstärken.

Denn pilzbefallene Dachbalken hatten an den Fresken im Kircheninneren für Risse gesorgt. Schuld ist die »weiche Bauweise« des Gotteshauses. »Das könnte man heute gar nicht mehr bauen, so auf Risiko«, meint Grabrucker über die verwegene Dachkonstruktion, die der Baumeister Johann Michael vor 264 Jahren in einer Art Topf-Deckel-Prinzip auf die filigranen Mauern des spätbarocken Gebäudes gesetzt hat.

Das Deckengewölbe, das unter einem schiffsrumpfartigen Holzdach liegt, gilt als größtes freitragendes Gewölbe in Süddeutschland. Für Grabrucker nichts Besonderes. Seit fünfzehn Jahren setzt er alte Kirchendächer instand. Eine spezielle Ausbildung dafür gibt es im Rahmen der Zimmererlehre nicht, erzählt er. »Learning by doing« sei das Motto, Routine gebe es nicht, jeden Tag seien neue Lösungen gefragt: »Irgendwas zwickt immer.« Um all die langen Balken zu schleppen oder die großen Schrauben per Hand ins Holz zu drehen, dafür ist Schmalz in den Armen von Nöten.

»Die Arbeit ist schwer und auch dreckig.« Weshalb Grabrucker im Moment überlegt, ob er eine Praktikantin, die sich für die Dachrestaurierung interessiert, einstellen soll. Bis März hat er Zeit sich zu entscheiden: Dann steigt Grabrucker mit seinen Mannen wieder auf das Gerüst – eventuell mit weiblicher Verstärkung. Michaela Schmid

Artikel vom 17.12.2003
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