Universitäten fürchten Schließungen, Stellenabbau und Studiengebühren

Spar-Rasenmäher in der ersten Liga

Maxvorstadt · »Yoga als Pflichtkurs« schlägt Philipp Stürzenberger vor. Für den Fachschaftssprecher Politik an der Ludwig-Maximilians-Universität ist das beinahe die einzige Möglichkeit, die vielen Erstsemester in die Seminare zu bekommen.

»Wir haben Platzmangel, zu wenige Dozenten und dass im Sommersemester die Zwischenprüfung durchgeführt werden kann, ist eher unwahrscheinlich – wer soll sie korrigieren?« fragt Stürzenberger. Zusammen mit seinen 80.000 Münchner Kommilitonen muss er in diesen Wochen erleben, dass Bildung in Bayern nicht immer an erster Stelle steht.

Denn aufgrund von Haushaltskürzungen im bayerischen Wissenschaftsministerium sind in München unter anderem die Studiengänge Politik, Amerikanistik, Medizin und Informatik von der Schließung bedroht, viele weitere Angebote müssen zurückgefahren werden, gleichzeitig drohen Studiengebühren. Zwar versprach Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in der jüngsten Regierungserklärung, dass der Freistaat in seine Hochschulen investieren wolle: »Sie sollen international in der ersten Liga spielen.« Trotzdem wird 2004 im Bildungsbereich um zehn Prozent gekürzt.

Wolfgang Vogel, hochschulpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion nennt diese Pläne »katastrophal«, sie seien »eine Wahllüge«. Stattdessen Studiengebühren einzuführen, das sei »zynisch«.

Für Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) ist Bildung weiterhin Schwerpunkt der bayerischen Regierungspolitik: »Der Bildungs- und Hochschulbereich muss zwar aufgrund der Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte sparen, wird aber von gezielten Rückflüssen profitieren.« Tatsächlich müssen Schulen und Universitäten jedoch nicht nur 10 Prozent einsparen – an der LMU bedeutet das 25 Millionen Euro oder 600 Stellen – sondern es sollen baldmöglichst die Studenten selbst zur Kasse gebeten werden. »Wir treten dafür ein, Studiengebühren zuzulassen«, dies führe zu einem »Mehrwert« für die Studenten, so Stoiber in seiner Regierungserklärung.

Aus Reihen der wissenschaftlichen Mitarbeiter hält man die Schließungsdiskussionen, etwa um das politikwissenschaftliche Institut gar nur für »Nebelwerferei«, im Endeffekt gehe es um Einsparungen im bayerischen Haushalt und eine gleichzeitige Lastenverlagerung auf die Studenten durch Einführung von Studiengebühren. Und auch FHM-Präsidentin Schick vermutet derartiges: »Ich kann nicht die Hochschulen rückbauen und gleichzeitig den Studierenden sagen ›Zahlt jetzt, weil Ihr damit mehr Qualität bekommt!‹ So werden ihnen die Studiengebühren nämlich verkauft, und das ist eine Mogelpackung.« Max Hägler

Artikel vom 20.11.2003
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