Der Verleger Georg Müller in der Monacensia

»Sein Dämon war das Buch«

Bücher machen glücklich: Der Verleger Georg Müller liebte schöne Schmöker. Foto: Monacensia

Bücher machen glücklich: Der Verleger Georg Müller liebte schöne Schmöker. Foto: Monacensia

Es gibt Menschen, die sehen in einem Buch eine kurzweilige Freizeitbeschäftigung, einen unterhaltsamen Gebrauchsgegenstand, als Futter für das Gehirn. Es gibt andere, für die spielt neben dem Inhalt auch die äußere Hülle eine wichtige Rolle. Das Buch als sinnliches Vergnügen.

So einer war Georg Müller. Die Monacensia, Maria-Theresia-Straße 23, widmet ihm nun eine Ausstellung: »Sein Dämon war das Buch. Georg Müller. Ein Münchner Verleger von 1903 bis 1917« (bis 27. Februar 2004, der Eintritt ist frei). Kurz bevor das neunzehnte zum zwanzigsten Jahrhundert wird, entscheidet sich ein junger Mann aus Mainz für ein Leben mit Büchern. Vor hundert Jahren, am 1. Oktober 1903, gründete Müller nämlich einen Verlag am Englischen Garten. Sein Ziel: Möglichst alle wertvolle Literatur in schönen Ausgaben herauszubringen.

Dieser Georg Müller ist ein Besessener. Nicht nur, dass er von Anbeginn im Verlag wohnt – er lebt den Verlag mit ganzer Seele. Als Müller an seinem 40. Geburtstag plötzlich stirbt, hat er mit mehr als 2000 Titeln einen Kosmos von Büchern geschaffen. Darunter sind Alfred Döblins Erstling »Ermordung einer Butterblume« oder Robert Musils »Vereinigung«. Rastlos stampft Müller zudem eine Reihe nach der anderen aus dem Boden. Neben Klassiker-Editionen wie Goethe oder Schiller auch die »Bibliothek der Philosophen«, »Denkwürdigkeiten aus Alt-Österreich« oder eine »Gastrosophische Bücherei«. Und nicht nur der Inhalt stimmt: Georg Müller beschäftigt die Avantgarde der Illustratoren, die zum Teil aus dem Umkreis der Münchner Zeitschriften »Die Jugend« und »Simplicissimus« kommen. Besonders Paul Renner prägte das Erscheinungsbild der Müller-Bücher maßgeblich.

Unter seiner künstlerischen Leitung entsteht das »Georg Müller Buch« mit seiner unverwechselbaren Ausstattung und handwerklichen Qualität. Bis dahin nicht gekannte farbige, illustrative Einbände mit hoher Signalwirkung entstehen. Müller verwendet neue Materialien wie Rohseide, Wildleder, goldene Vorsatzpapiere, handgearbeitete Buntpapierbezüge. Seiden- und Japanpapiere schützen Originalgrafiken oder Heliogravüren, Alte Schriften werden verwendet und Vorzugsausgaben zieren wertvolles Bütten, kostbares Leder und Pergamente.

Müller zählt heute neben Samuel Fischer, Albert Langen, Eugen Diederichs, Reinhard Piper und den Gründern des Insel Verlages zu den großen deutschen Buchverlegern am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Ihm gelang es, die besten Lektoren, Übersetzer, Herausgeber, Buchkünstler, Hersteller, Drucker und Buchbinder seiner Zeit zu finden. Die Gestaltung der Bücher nimmt in der Schau einen breiten Raum ein. Eva von Freeden, die die Ausstellung mitkonzipiert hat, schwärmt: »Der einmalige Zusammenklang von Schönheit des Materials und inhaltlichem Anspruch ist oft nachgeahmt, doch nur selten erreicht worden.«

Artikel vom 12.11.2003
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