Stärken und Schwächen der Kirche

Attraktiv, aber auch gefährdet

Trotz vieler Stärken steht die katholische Kirche in Deutschland vor einer der größten Herausforderungen in ihrer 2000-jährigen Geschichte. Sie müsse den »Wandel von einer Volks- zu einer Wahlkirche erfolgreich vollziehen«.

Dabei sei sie »auch und vor allem« auf die Unterstützung der Ehrenamtlichen angewiesen. Dies erklärte bei der Vollversammlung des Katholikenrates der Region München, am Freitag, 19. September, Thomas von Mitschke.

Der promovierte Betriebswirt ist verantwortlich für Projekte, die die Unternehmensberatung McKinsey für die katholische Kirche, und mit ihr, durchführt. Aus Marketing-Sicht stelle die katholische Kirche eine »beneidenswert attraktive Marke« dar, mit vielen organisatorischen Stärken, einem zeitlosen Kernprodukt und hohem Image. Sie verfüge über einen Pool von hochmotivierten Mitarbeitern mit hohem Identifizierungsgrad und weise, wie kaum eine andere Organisation, mit 13.200 Pfarrgemeinden in Deutschland eine starke Flächenpräsenz auf.

Unverändert hoch sei ihre Mobilisierungskraft. So gelinge es keiner anderen Institution, jeden Sonntag mehr als 4 Millionen Menschen zu versammeln. Auch das soziale Engagement sei hoch geschätzt. Das christliche Evangelium ist nach Mitschkes Einschätzung »eine zeitlose, unverändert attraktive Botschaft«.

Allerdings drohe die »Alleinstellung« der Kirche allmählich verloren zu gehen. Immer mehr alternative Anbieter drängten in diesen Markt und fänden viele erstaunlich unkritische Abnehmer. Der Unternehmensberater, der ausdrücklich feststellte, er verfüge über keine spezifischen Kenntnisse der Situation des Erzbistums München und Freising und der Kirche in der Region München, benannte auch »Schwächen der Institution der Kirche«. So seien nur knapp 40 Prozent der Deutschen überhaupt noch »religiös« oder »eher religiös«.

Für mehr als ein Drittel der Katholiken habe auch der Gottesdienst keine Bedeutung mehr. Mitschke sagte voraus, die Zahl der Katholiken in Deutschland werde dramatisch sinken, von derzeit 27 Millionen um fast 50 Prozent (13 Millionen) im Jahre 2050.

Für Bayern und für die Landeshauptstadt München sei die Situation allerdings noch »vergleichsweise günstig«. So hätten etwa in München 52 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Jahr Kontakt mit der katholischen Kirche, 20 Prozent sogar mehr als sechsmal.

In Hamburg liege der Anteil des einmaligen Kontaktes lediglich bei 12 Prozent, in Berlin bei 16 Prozent. Für viele Münchner sei die Kirche unverändert der Helfer in der Not«.

Als Stoßrichtung für die künftige Arbeit in dieser Situation empfahl Mitschke, die Kirche müsste ihr »Haus in Ordnung bringen« und »vorwärts gerichtete Visionen entwickeln«.

Artikel vom 24.09.2003
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