Den Werten standhalten

Hans-Jochen Vogel: Grundwerte nicht zur Seite werfen.

Es gibt sie noch, die Politiker, die Zusammenhänge verständlich erklären und Orientierung geben. Das bewies der »Treffpunkt Politik« des SPD-Ortsvereins Moosach am 9. September mit Dr. Hans-Jochen Vogel.

Der 77-jährige Alt-Oberbürgermeister, der Einladungen nur noch in Ausnahmefällen annimmt, kam zur Veranstaltung mit dem Moosacher Landtagskandidaten Rainer Volkmann um über »soziale Gerechtigkeit« zu sprechen. Er machte Mut: Die Werte Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität bleiben gültig – auch wenn sich die Umstände verändern. Die Antworten auf neue Herausforderungen müssen diesen Werten standhalten.

Vogels Ausgangspunkt an diesem Abend war die Entstehung der deutschen Sozialdemokratie vor 140 Jahren. Sie war eine Antwort auf Ungerechtigkeiten aller Art – zum Beispiel auf ungleiche Verteilung von Macht und Einkommen oder auf das Verbot für Frauen, sich politisch zu engagieren.

Der ehemalige Vorsitzende der Bundes-SPD erinnerte an das Motto des SPD-Gründers Ferdinand Lassalle: Jede politische Aktion beginnt mit dem Aussprechen dessen, was ist, jede Kleingeisterei beginnt mit dem Beschönigen und Vertuschen der Realität.

Es müssen Antworten auf die neuen Herausforderungen gefunden werden, forderte Vogel. Und: »Deswegen darf man die Grundwerte aber nicht zur Seite werfen.« Stichwort auch für die Agenda 2010 der Bundesregierung: Es sei die Realität zur Kenntnis genommen worden. Und wenn sich Vogel auch nicht mit allen Punkten einverstanden erklärt, so hält er die Agenda 2010 für geeignet, einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit Einhalt zu gebieten und die Kernbereiche der sozialen Sicherungssysteme funktionsfähig zu halten.

Hans-Jochen Vogel bekannte sich zu dem Begriff »demokratischer Sozialismus«, der seine ursprüngliche Bedeutung in der Abgrenzung zum Kommunismus hatte. »Sozialismus ist eine immer währende Aufgabe. Für sie haben Generationen gekämpft, und viele Menschen haben für sie ihr Leben gelassen.« Abschließend der Eintrag ins Stammbuch – nicht nur von Sozialdemokraten: »Wer nicht weiß, woher er kommt, weiß nicht, wo er steht und weiß schon gar nicht, wohin er will.«

Artikel vom 18.09.2003
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