Ungewöhnliche Bilder in der Pinakothek

Architektur der Obdachlosen

Maxvorstadt · Architektur der Obdachlosigkeit heißt die neue Ausstellung in der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 29, die dort vom 2. bis 21. September zu sehen ist.

Unter diesem Aspekt wurden sieben international bekannte Fotografen zur Mitarbeit an diesem Ausstellungsprojekt gewonnen: Boris Michailov, Ulrike Myrzik/Manfred Jarisch, Dayanita Singh, Wolfgang Tillmanns, John Vink und Wolfgang Bellwinkel wurden von der Straßenzeitschrift BISS eingeladen, über die Problematik der Wohnsitzlosen zu arbeiten.

Die Fotografen haben sich in ihren Arbeiten auf sehr unterschiedliche Weise den ungewöhnlichen Lebensräumen genähert. Ausgangspunkt konnte dabei der obdachlose Mensch mit seiner Geschichte, seine Umgebung oder seine Habe sein.

Der deutsche, in London lebende Fotograf Wolfgang Tillmans (1968 in Remscheid geboren) erhielt 2000 den begehrten Turner Kunstpreis und gehört heute zu den international renommiertesten Fotografen. Er zeigt in dieser Ausstellung eine sechsteilige Arbeit die zwischen 1990 und 2000 entstand. Die drei groß- und drei kleinformatigen Aufnahmen vermitteln uns mit dem Blick auf eine Stadt und deren Straßen nüchtern den städtischen Lebensraum der obdachlosen Menschen.

Szenen, in denen Obdachlose tagsüber mit ihrer Habe im Einkaufswagen durch die Stadt unterwegs sind, sich zum Schlafen auf den nackten Asphalt legen oder für kurze Zeit in der Untergrundbahn einen Ruheplatz suchen, finden wir inzwischen weltweit in allen Großstädten. Wie distanziert und gewohnheitsmäßig wir sie zur Kenntnis nehmen, zeigt die Fotografie einer Straßenpassantin, deren Blick kühl-sachlich über einen obdachlosen Passanten hinwegstreift.

Einen ganz anderen Blick wagt der aus Charkow stammende (*1938) und in Berlin lebende ukrainische Künstler Boris Mikhailov mit dreißig Arbeiten aus seiner Fotoserie Case History (übersetzt Krankengeschichte). In dieser 1999 publizierten Fotoserie werden die erbärmlichen Lebensumstände der Obdachlosen in der Ukraine nach dem Glasnost in entblößender Realität dargeboten.

Mikhailov setzt dabei auch pornographische Szenen ein, um aufzurütteln. Der in Berlin lebende Fotograf Wolfgang Bellwinkel (*1959 Bochum) findet einen völlig anderen Ansatz, indem er den fotografischen Blick auf ein unverzichtbares Detail der obdachlosen Habe konzentriert: Die Matratze, die Unterlage, die zum Schlafen dient. Die siebenteilige Fotoreihe entstand in München unter Mithilfe von Wohnungslosen, die sich bereit fanden, ihre mobilen Schlafplätze fotografieren zu lassen. Es entstand so eine durch ihre Schlichtheit und Nüchternheit bestehende Serie von befremdender Ästhetik.

Die Ausstellung wird am 21. September mit einer außergewöhnlichen Benefiz-Auktion beendet, bei der einige der ausgestellten und besonders herausragenden Fotografien zugunsten des BISS-Projekts von Interessenten ersteigert werden können. Für Interessenten wird hierzu bereits während der Ausstellung eine Liste mit den zu ersteigernden Exponaten zur Verfügung stehen.

Artikel vom 28.08.2003
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