Sportvereine im Münchner Osten gegen Gebühren für städtische Sporthallen

Nur »ein kleiner Obolus«?

»Eigentlich haben wir nix zum Lachen«: Die Vorsitzenden Günter Deppisch (TSV Trudering), Norbert Kreitl

»Eigentlich haben wir nix zum Lachen«: Die Vorsitzenden Günter Deppisch (TSV Trudering), Norbert Kreitl

München-Ost · 24 Stunden Tischtennis auf dem Marienplatz, das ist die nicht ganz ernstgemeinte Blitzidee von Norbert Kreitl. »Wir werden massiv abkassiert«, ärgert sich der 1. Vorsitzende vom SV Neuperlach. Warum also nicht aus Protest Ping Pong vorm Münchner Rathaus?

Schließlich wurde von den darin tagenden Stadträten Anfang Juli beschlossen, dass die Münchner Sportvereine ab Januar 2004 für die Benutzung von städtischen Sporthallen und Bezirkssportanlagen bezahlen müssen. Bisher konnten Vereine ohne eigene Sportanlagen die städtischen Hallen kostenlos benutzen: »Während Sportvereine mit eigenen Anlagen für deren Unterhalt zahlen, haben sich die ohne Hallen bisher mit keinem Cent beteiligt«, erklärt Rudolf Behacker, Leiter des Sportamtes, »und das bei den Kostensteigerungen von Wasser, Strom oder Gas.«

Die Stadt hält die neuen Beträge für ihre Hallen »moderat«: 5 Euro pro Stunde für eine Einfachhalle bis zu 13 Euro pro Stunde für eine Dreifachhalle, »aber in der Summe sind sie nicht moderat«, wettert Peter Baier vom ESV München Ost. Der »besitzende« Eisenbahnerverein mit über 3000 Mitgliedern hat zwar eine eigene Halle, nutzt aber neun weitere städtische Hallen, in denen von Aerobic über Hip Hop bis Ringen, Sport für alle Altersstufen angeboten wird. 8.000 Euro pro Jahr wird der ESV nun berappen müssen. »Das ist ein Haufen Geld, auch für so einen großen Verein wie den ESV«.

Günter Deppisch vom auch nicht so kleinen TSV Trudering hat durchgerechnet: Bei 100 Stunden Hallenbelegung pro Woche, wären bei 40 Wochenstunden künftig 25.000 Euro im Jahr fällig, eine Erhöhung um »schlappe 1250 Prozent«, so Deppisch lakonisch. »Wir müssen jetzt sparen, was geht«: Das erste Opfer sei die für die Wintersaison geplante Snowboardgruppe. Gruppen, die nicht so gut besucht sind, würden gestrichen. Auch das Fußballangebot in der Schulturnhalle in der Messestadt Riem.

Den Vereinen werde wohl nichts anderes übrigbleiben, als die Beiträge zu erhöhen. Denn Verbandsabgaben, Unterhaltskosten und Übungsleiterkosten steigen und Zuschüsse werden weniger. Kleine Vereine wie die Tanzsportgemeinschaft (TSG) München, bei der etwa 400 Münchner Rock ’n’ Roll tanzen, bangen um ihre Existenz: »Das ist eine Katastrophe für so einen kleinen Verein«, meint deren 1. Vorsitzender Jürgen Schopp. In Gefahr sei die Jugendarbeit – die seit 20 Jahren besonders intensiv betrieben und vor allem von »passiven« Mitgliedern gestützt werde.

»Auch Familien mit zwei Kindern werden sich in Zukunft wahrscheinlich die Mitgliedschaft nicht mehr leisten können«, meint Norbert Kreitl vom SV Neuperlach. Mit der breiten Masse verlören die Vereine die finanzielle Substanz, um den Aufgaben als gemeinnützige Sportvereine nachzukommen. Schließlich leisten die Sportvereine neben dem gesundheitlichen Aspekt vor allem soziale Integration: »Dafür, dass wir die Kinder von der Straße holen, sollen wir nun zahlen«, schimpft Kreitl. Peter Schultes, 1. Vorsitzendner vom Bogenhausener TS Jahn dagegen findet den Beschluss der Stadt richtig. »Das ist ein kleiner Obolus an die Stadt, um die Kosten reinzuholen.« Schließlich müsse sein Verein als »besitzender« seit jeher für den Unterhalt seiner drei eigenen Hallen aufkommen und dafür sorgen, seine Sportstätten für die über 3000 Mitglieder zu erhalten. »Außerdem können die Vereine ohne Hallen günstigere Beiträge anbieten, weil sie ja viel weniger Kosten haben.« Dadurch habe sein Verein schon viele Mitglieder verloren, durch die »billigere Konkurrenz.« Kreitl, Baier, Deppisch und Schropp von dieser »Konkurrenz« fordern nun, da der Beschluss nicht mehr rückgängig zu machen sei, wenigstens einen höheren Zuschuss für die bereits existierende Kinder- und Jugendförderung. Auch Schultes findet, dass das über die neue Hallengebühr eingenommene Geld, zurück in den Sport fließen sollte. So könnten etwa die Bezuschussung für die Übungsleiter erhöht werden: »Dann hat jeder was davon.« Doch Sportamtsleiter Behacker erklärt: »Die Einnahmen gehen in den Hoheitshaushalt« im Rahmen der Konsolidierungsmaßnahmen der Stadt München. »Wir verlangen jetzt ein Minimum an Unterhalt, damit wir keine Sportanlagen schließen müssen.« ms

Artikel vom 23.07.2003
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