Projektwoche bei den St. Anna-Abc-Schützen

Ein Indianer kennt bekanntlich keinen Schmerz.

Kriegsrat im Klassenzimmer: Von der 1a konnte man viel Neues über die Indianer lernen.

Kriegsrat im Klassenzimmer: Von der 1a konnte man viel Neues über die Indianer lernen.

Aber Jonas ist eben doch kein echter Indianer. Auch wenn er mit seiner Klasse, der 1a der St. Anna-Grundschule, eine ganze Woche lang den Indianern auf der Fährte war:

Auch wenn er mit seiner Klasse, der 1a der St. Anna-Grundschule, eine ganze Woche lang den Indianern auf der Fährte war: Als er sich beim Herumtoben im Schulhof eine Schürfwunde an seinem ohnehin gebrochenen Arm holt, ist es um die indianische Tapferkeit geschehen.

Dicke Tränen kullern. Da tröstet es zunächst nur wenig, dass Jonas zusammen mit seinen Klassenkameraden soeben einen Riesenerfolg auf der Bühne gefeiert hat. Vor Eltern und Großeltern haben sie nämlich die Ergebnisse ihrer Projektwoche präsentiert. Und die waren wirklich erstaunlich: Denn welcher Erwachsene könnte schon von sich behaupten, die Zeichensprache der Indianer zu beherrschen?

Die Erstklässer hingegen hatten keine Mühe, zum Beispiel den Satz »Ich habe Hunger und möchte etwas essen«, gewissermaßen im Handumdrehen, zu gestikulieren. Und die seltsam verrenkten Strichmännchen, Käfer und Körperteile an der Tafel entschlüsselten sie im Nu als indianische Zeichen für »sehen«, »gehen«, »Land« oder »Krieger«. Interessant dabei vor allem: Das Strichmännchen, das für »Mann« steht, ist bedeutend drahtiger und durchtrainierter als die stilisierte Frau, die einen dicken Bauch vor sich her trägt.

Auch wie nach indianischer Theorie die Erschaffung der Erde abgelaufen ist und warum Sonne und Mond nie zur gleichen Zeit scheinen, erklärten die Erstklässer dem unwissenden Publikum. Und sie spielten ein kleines Theaterstück, in dem nicht nur »Trapper-Toni«, verkörpert von Uli, unter seiner Bärenfell-Mütze ganz schön ins Schwitzen geriet. Eine feuchte Abkühlung lieferte daraufhin die Geschichte vom Regenbogenfisch, der seine Glitzerschuppen an alle Tiere des Meeres verschenkte – vorgelesen natürlich von den Erstklässern höchstpersönlich. Ohne Stocken, ohne mühsames Entziffern, eher vor lauter Aufregung manchmal in etwas zu rasantem Tempo. Dabei öffneten sich, wie im echten Theater, immer mehr Vorhänge, hinter denen der Regenbogenfisch und seine schwimmenden Kollegen zum Vorschein kamen – liebevoll aus Tonpapier ausgeschnittene und beklebte Figuren. Ebenso eifrig haben die Kinder der 1b während ihrer Projektwoche gewerkelt: Unter dem Motto »Geschichten gibt es überall«, das für alle Klassen der St. Anna-Grund- und Hauptschule galt, haben sie ein Puppentheaterstück geschrieben, einstudiert und selbst die Requisiten gebastelt.

Die Vorlage: Janoschs berühmtes »Oh wie schön ist Panama«. »Es war ganz schön schwer für die Kinder, den Erzähltext in einen Schauspieltext umzuschreiben«, verrät Klassenleiterin Anna Stock. Doch als das Drehbuch dann erst einmal fertig war, lief der Rest wie von selbst: Aus Karton und Stoff entstand ein feudales Haus von Tiger und Bär, sogar mit Balkon und Vorhängen, ebenso ein gemütlicher Schlafsessel und natürlich eine Bananenkiste, die durch ihren leckeren Geruch eine zarte Ahnung vom fernen Panama vermittelt.

»Wenn wir gerade nichts für das Stück zu tun hatten, durften wir immer in die Schubladen gucken«, erzählt Amelie und zeigt auf eine kleine Holzkommode. In ihren Schubfächern sind seltsame Dinge zu finden: eine Gummi-Giraffe mit rotem Schal, ein Schlüssel, eine Tulpe aus Holz und ein Ei zum Beispiel. Aus diesen Begriffen sollten die Kinder Geschichten zusammenbauen – »Schubladengeschichten« sozusagen, und der dicke Ordner neben der Kommode zeigt, welch großartige Geschichtenerfinder die Abc-Schützen sind.

Deswegen freuen sich auch alle schon auf die nächste Projektwoche, die in jedem Schuljahr einmal stattfindet. – Indianerehrenwort! rme

Artikel vom 12.06.2003
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