Weltkriegs-Hochbunker in Claude-Lorrain-Straße wird für 120 Tage Kunst-Raum

Kriegskoloss mit Zukunft

Planen Kunstbunker & Wohnturm: Christoph Nicolaus (r.) und Uwe Binnberg.

Planen Kunstbunker & Wohnturm: Christoph Nicolaus (r.) und Uwe Binnberg.

Untergiesing · »Claude-Lorrain-Straße Nummer 26?« – für den hiesigen Postboten existiert diese Adresse einfach noch nicht.

Verständlich, schließlich wohnt bereits seit über 60 Jahren niemand mehr an der Weggabelung Lorrain-/Sachsenstraße. Denn was viele für einen Wasserturm halten, ist ein Luftschutzbunker aus den Zweiten Weltkrieg.

Ab Herbst wird der 1941 errichtete massive achteckige Solitär nun zum »Wohnen im Turm« umgebaut. Bis dahin dient der geschichtsträchtige Koloss ersteinmal als Kunst-Raum. »120 Tage Kunst im Bunker« heißt das Konzept von Künstler Christoph Nicolaus und Architekt Uwe Binnberg, der im Januar diesen Jahres von der Stadt den Zuschlag für den Umbau des Kriegsrelikts erhalten hatte. »Wir wollen einen neuen Geist hineinbringen«, so Binnberg. »Mit Leben durchzogen« wünscht sich der Architekt den im Moment noch eher ungemütlichen Bunker, und zwar im Rahmen der schrittweisen Umwandlung vom ehemaligen Überlebens- zum Lebensraum.

Das bedeutet zunächst: Plattform für vielfältige künstlerische Aktionen und Ausdrucksformen ohne jegliche thematische Festlegung. Über vier Monate hinweg, seit 3. April bis 26. Juli, finden im Inneren des fünfstöckigen Turms wöchentlich wechselnde Kunstaktionen statt, insgesamt 16 samt zweier Sonderprojekte während der Rohbauphase im Herbst und einer Dauerprojektion auf die Außenfassade.

Finanziert wird das Projekt aus dem Etat des Architekturbüros, der üblicherweise für Vertriebskosten wie Werbung ausgegeben wird. Namhafte Münchner Künstler werden Tanz, Theater, Performance, Video/Film, Licht- und Klanginstallationen präsentieren. Außerdem beschallt das internationale Komponistenensemble »Wandelweiser« die ungewöhnlichen Räumlichkeiten. Wenn auch von außen nett anzusehen, verströmt so ein Bunker im Inneren eine bedrückende Atmosphäre: Boden und Wände sind unverputzt. Weil Fenster fehlen, ist es eher düster, dazu sorgen 2,5 Meter dicke Mauern für äusserst kühle Luft. Die besondere Wirkung, die historische Belastung die diese Räume ausstrah-

len, dient den beteiligten Künstlern als faszinierende »Arbeitsgrundlage«: »So ein Spielort ist eine Herausforderung«, meint etwa Künstlerin Ruth Geiersberger, die am 25. und 26. April, 20.30 Uhr, mit Ulrich Müller eine szenische Klanginstallation namens »diese schlüpfrigen anderthalb Silben – ein Liebeswahn« präsentiert. Für alle Besucher gilt auf alle Fälle: Zieht Euch warm an!

Infos zu allen Veranstaltungen gibt es unter www.kunst-bunker.de oder unter Tel. 48 08 86 35. ms

Artikel vom 09.04.2003
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