Handicap als Motivation

Weitere Arbeitsplätze für behinderte Menschen im Landkreis München

Baubeginn in der Gärtnerei Hollern des Heilpädagogischen Centrum Augustinum

Die Gärtnerei Hollern im Landkreis München gelegen, erreicht man auf der B 13 von München kommend in nördlicher Richtung, wenn man in Höhe der Unterschleißheimer Münchner Straße, rechts zum Geflügelhof abbiegt.

Letzten Freitag freuten sich dort über 60 behinderte Beschäftigte, Mitarbeiter und Werkstattvertreter über den Besuch zahlreicher Ehrengäste, Förderer der Werkstätten und der Nachbarschaft. Zum »Ersten Spatenstich« für den Erweiterungs- und Modernisierungsbau der Gärtnerei Hollern des HPCA im Gemeindegebiet Eching kamen trotz trüben Wetters Vertreter der Gemeinde Eching, des Landkreises Freising, des zuständigen Fachbereiches im bayerischen Sozialministerium und die Geschäftsführung der Augustinum gGmbH mit den besten Wünschen für das Bauvorhaben.

Betriebsleiter Werner Schmeil und seine Mannschaft begrüßten die Gäste und zeigten auf, wie wichtig die Erweiterung der Gärtnerei für den Bedarf der Zukunft ist. In den nächsten eineinhalb Jahren wird im ersten Schritt der Gewächshausbereich um behindertengerechte Arbeitsplätze erweitert und ab Frühjahr 2001 mit dem Neubau des Werkstattgebäudes begonnen. Mit der Fertigstellung aller Bauten, voraussichtlich Mitte 2002 stehen dann insgesamt 80 Arbeitsplätze für behinderte Menschen zur Verfügung.

Günter Grünzner, Leiter der HPCA-Werkstätten dankte allen an der Vorbereitung und Planung Beteiligten und für die Finanzierung der Baumaßnahme mit einem Volumen von über sieben Millionen Mark, durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Bundesanstalt für Arbeit ­ Landesarbeitsamt Bayern ­, die Regierung von Oberbayern ­ Hauptfürsorgestelle ­, den Bezirk Oberbayern und der Augustinum GmbH.

Vor über zwanzig Jahren begann die Arbeit der Werkstätten für Behinderte des Heilpädagogischen Centrum Augustinum (HPCA) mit der Anpachtung einer ehemaligen Geflügelfarm von der Inneren Mission und dem Umbau der vorhandenen Gebäude in nutzbare Räumlichkeiten für damals 25 Werkstattplätze. Parallel dazu entstand die neue Hauptwerkstätte in der Gemeinde Oberschleißheim, idyllisch gelegen und eingebettet im Huppwald, mit 200 Arbeitsplätzen, die 1979 feierlich eröffnet wurde. Prodekan Otto Steiner, Gründervater des HPCA und ein paar wenige Mitarbeiter, legten damals mit wahrem Pioniergeist, den Grundstein für die Entwicklung der HPCA-Werkstätten. Mittlerweile entwickelte sich die Gärtnerei Hollern zu einem von drei Standorten der HPCA-Werkstätten, neben Oberschleißheim und Harthof (München, 120 Plätze), der einen wesentlichen Beitrag zur Gesamtsituation der WfB leistet.

Günter Grünzner erläuterte: »Ziel war es damals wie heute geeignete Arbeitsplätze in vielfältigen Arbeitsbereichen für erwachsene behinderte Menschen zu schaffen, die in dieser Vielfalt kaum ein Unternehmen der freien Wirtschaft unter einem Dach führen könnte. Ziel ist es ebenso die uns anvertrauten Menschen im Umfeld der Normalität, zu fördern, zu qualifizieren und wenn möglich den Weg auf den freien Arbeitsmarkt zu finden und zu begleiten. Für viele unserer behinderten Beschäftigten wird es jedoch ein dauerhafter Arbeitsplatz in den Werkstätten sein.«

Die Gärtnerei Hollern zeigt besondere Leistungsstärke in den Bereichen Innenraum-Begrünung, Hydrokultur-Service, Gemüseanbau und Garten- und Landschaftspflege. Auf 800 Quadratmeterr Gewächshausfläche werden Hydrokulturen in allen Formen und Größen gezüchtet. Nach individuellem Wunsch der Kunden und kompetenter Fachberatung in dekorativen Pflanzgefäßen zusammengestellt, verschönern diese Produkte repräsentative Eingangsbereiche und Büroräume großer und namhafter Firmen. Unternehmen wie Siemens, BMW, Philipp Morris und viele mehr nehmen auch gern die zuverlässig durchgeführte Dienstleistung der Pflanzenpflege vor Ort in Anspruch.

In Glas- und Foliengewächshäusern mit einer Gesamtfläche von derzeit über 2000 Quadratmeter und auf 2,5 ha Freiland wird kontrolliert-biologisches Gemüse nach den Richtlinien des Naturland Anbauverbandes angebaut. Auf über fünf Wochenmärkten im Großraum München und an einige Großküchen wird das stets taufrische Gemüse vermarktet.

Im Garten- und Landschaftspflegebereich übernehmen mehrere Gruppen von behinderten Beschäftigten unter Anleitung von kompetentem Fachpersonal die jahreszeitlich notwendige Pflege von Außenanlagen.

Weitere moderne Produktionsbereiche werden in den HPCA-Werkstätten Oberschleißheim und Harthof im Münchner Norden betrieben. Auf den neuesten Stand der Technik werden mit einer Pulverbeschichtungsanlage und Einzelkabinen Teile für die Automobilindustrie trocken und umweltfreundlich lackiert, in der Elektronik-Abteilung werden Leiterplatinen bestückt, Kabel abgelängt und nach Kundenwunsch konfektioniert, in zwei Metallbearbeitungsbereichen werden mittels computergesteuerten und konventionellen Maschinen, Dreh-, Bohr-, Fräs- und Sägearbeiten in Lohnauftrag umgesetzt. Ein leistungsfähiger Versandbereich für Komplettumsetzung von Mailing-Aktionen, mehrere allgemeine Produktionsgruppen in denen Montage- und Verpackungsarbeiten aller Art bewältigt werden, sowie eine Großküche die täglich mit frischen Produkten bis zu 500 Essen für den Eigenbedarf und für externe Kundschaft verteilt.

Unter dem Motto »Leistung mit Sinn« und mit dem Ziel für geistig behinderte Menschen Arbeitsplätze und Förderung anzubieten, sowie Aufträge für Kunden aus Industrie und Handwerk zuverlässig, mit hoher Qualität und Termintreue zu erledigen, haben sich die HPCA-Werkstätten verpflichtet gemäß dem Qualitätsmanagementsystem nach DIN En ISO 9002 in der Betreuung von behinderten Menschen, im Dienstleistungs- und Produktionsbereich zu verfahren (Gesamtzertifizierung seit Juli 1998).

Im Betreuungsbereich bedeutet dies inbesondere Arbeitsplätze bereitstellen, ein dem Leistungsvermögen des behinderten Mitarbeiters angemessenes Entgelt sicherzustellen, durch Arbeitstraining zu befähigen und in das Arbeitsleben zu interieren, begleitende Dienste zur zusätzlichen pädagogischen, psychologischen und medizinischen Betreuung zur Verfügung zu stellen und insgesamt einen Lebensbereich anzubieten, der pesönliche Entwicklung und Anerkennung ermöglicht.

Artikel vom 25.10.2000
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