Kann Glaube heilen?

Schwabing · Am Montag, 21. Oktober, wurde den Besucherinnen und Besuchern des Caritas Alten- und Service-Zentrum Schwabing-West eine besondere Ehre zuteil:

Der bekannte, beliebte und bedeutende Theologe Prof. Dr. Eugen Biser hielt im großen Saal des Alten- und Service-Zentrums Schwabing-West einen beeindruckenden und lehrreichen Vortrag über das religiös-therapeutische Thema »Kann der Glaube heilen«, zu dem sich ca. 50 Seniorinnen und Senioren eingefunden haben.

Professor Biser leitete seinen Vortrag mit Beispielen aus dem Neuen Testament ein, nach denen Jesus Christus Blinden, Lahmen und Aussätzigen seine heilende Kraft zugewandt habe. Vor allem im Gleichnis vom barmherzigen Samariter würde die umfassende Heilung und Zuwendung gegenüber dem Leidenden sichtbar.

Kann aber der Glaube nicht auch in einer Leistungs- und Konsumgesellschaft wie der unseren seine Wirkung wie zu Zeiten Christi entfalten? Gerade hier sei nach Prof. Dr. Eugen Biser der Ansatz einer therapeutischen Theologie zu suchen. Zudem machte er an der Erzählung des »Blindgeborenen« deutlich, dass Krankheit niemals als Strafe, sondern immer als eine »therapeutische Tat« Gottes betrachtet werden sollte. Besonders chronisch Kranke und vor allem psychosomatisch Erkrankte, die von der Schulmedizin kaum Heilung oder Linderung erfahren, bedürften der Hilfe durch die therapeutische Theologie.

Die Grundidee der therapeutischen Theologie liege darin, dem Leidenden zu vermitteln, in ganz besonderer Weise Gott nahe zu sein – Gott stifte den Sinn für das Leben des Kranken. Aber gerade auch wir alle, die Nicht-Theologen könnten mit der heilenden Liebes-Botschaft der Bibel mit einem guten Wort oder liebevollen Blick helfen – Wenn Blicke töten können, können sie auch heilen. Ein Wort kann verletzen, aber auch Wunder bewirken, Wunder des Trostes und der Anerkennung.

Der soziale Aspekt der Bibel und des Glaubens, die Gemeinschaft in Liebe, berge eine gewaltige heilende Kraft. Durch die Liebe, die wir durch uns wirken lassen können, in Worten, Blicken, Berührungen und Taten können wir die Heilkraft des Glaubens täglich leben und erleben. Wir alle sind daher als Gläubige aufgerufen, uns einander Heiler und Therapeut durch die Liebe zu sein. Mit diesen tiefgründigen Gedanken schloss Prof. Dr. Eugen Biser seine lehrreichen Ausführungen.

Die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer zeigten sich sehr bewegt von den einfühlsamen Ausführungen des über 80-jährigen, agilen und überzeugenden Theologie-Professors.

Artikel vom 31.10.2002
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