Begegnung der Generationen im Internetcafé »Netzwerk« des Kreisjugendrings

Senioren ins Netz!

Gemeinsam durchs »virtuelle Weltmeer« surfen: Wilfried Schink wird von Tibor Weigel (li.) und Sebastian Lusch fachmännisch betreut.	Foto: rme

Gemeinsam durchs »virtuelle Weltmeer« surfen: Wilfried Schink wird von Tibor Weigel (li.) und Sebastian Lusch fachmännisch betreut. Foto: rme

Maxvorstadt · Erwartungsvoll sitzen sie sich gegen-über, die Jungen und die etwas Älteren: die eingefleischten »Internet-Surfer« und diejenigen, die noch kaum Erfahrung auf dem virtuellen »Weltmeer« haben.

Beide Seiten beäugen sich kritisch, während Organisatorin Birgit Kehr das Projekt »Senioren ins Netz« erläutert. Von »stressfreiem Schnuppern« spricht sie, und davon, dass das Café Netzwerk des Kreisjugendrings München in der Luisenstraße 11 nun schon zum dritten Mal diese Aktion durchführt, bei der Jugendliche Senioren ins Internet einweisen.

Doch genug geredet. Die »Senioren« (dieser Begriff ist nicht allzu wörtlich zu nehmen, denn auch Mittvierziger dürfen teilnehmen) wollen endlich zur Sache kommen. »Wer nimmt mich?«, fragt ein tatendurstiger älterer Herr in die Runde der jugendlichen Betreuer. Tibor Weigel, 19 Jahre alt und Stammgast im Café Netzwerk, steht als Erster auf, und schon 5 Minuten später surfen die beiden gen Dresden, auf der Suche nach einem günstigen Hotel.

Wilfried Schink, der »Senior«, kann mit der »Maus« schon recht gut umgehen. Zugegeben, es ist nicht sein erster Kontakt mit dem PC: »Als ich noch berufstätig war, habe ich sogar selbst Computerprogramme entworfen«, gesteht er mit verschmitztem Lächeln. »Aber nur theoretisch. Ich musste dazu nie eine Taste drücken.«

Zu Hause hat Wilfried Schink seit langem einen Computer stehen. »Mein Sohn hat ihn mir installiert, aber er hat keine Geduld, mir etwas zu erklären«, bedauert der Mittsechziger. Mit Tibor sei das viel einfacher: Er habe eine Engelsgeduld und keine Hemmungen, seine Kenntnisse weiterzugeben. Auch Tibor ist mit Begeisterung bei der Sache. »Der ist echt fit, der Typ«, gibt er Organisatorin Birgit Kehr in der kurzen Kaffeepause zu verstehen.

»Wir haben die Beobachtung gemacht, dass sich die Jugendlichen sehr gut auf ältere Menschen einstellen können«, meint Kehr. »Es gibt eigentlich gar keine Hemmschwelle.« Das gilt auch für die »Senioren«, die ohne Umschweife ihre Fragen und Wünsche formulieren. Ganz hinten in der Ecke macht sich eine ältere Dame mit ihrem jugendlichen Betreuer gerade daran, »frische Kalbsschnitzel, zart und fettarm« per Internet zu bestellen. »Wenn ich mal nicht mehr so flexibel und mobil bin, möchte ich mich von zu Hause aus versorgen können«, erklärt sie mit Bestimmtheit.

Aber auch das Vergnügen soll nicht zu kurz kommen: Nach den Kalbsschnitzeln möchte Erika Gruber eine Bauchtänzerin bestellen. »Jetzt bring´ ich euch ganz durcheinander«, freut sie sich diebisch, als der Hinweis »Leider kein passender Eintrag gefunden« auf dem Bildschirm erscheint. Doch ihr Betreuer Daniel Doering (18) lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. »Wir müssen mit einer Suchmaschine suchen«, erklärt er. Und als Erika Gruber ihn fragend anblickt, fügt er beruhigend hinzu: »Langsam, aber sicher lernen Sie das schon!«

Am nächsten Montag, 4. November, wird im Café Netzwerk ab 15 Uhr die Internetplattform »up2xtrakt« vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Modellprojekt von Jugendlichen für Jugendliche. rme

Artikel vom 31.10.2002
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...