Was Jugendliche aus dem Münchner Norden von Politik & Politikern halten

»Die reden immer viel...«

Politik sollte verständlich sein, finden Ivo, Lydia, Julia und Florian (v.l.).	Foto: pt

Politik sollte verständlich sein, finden Ivo, Lydia, Julia und Florian (v.l.). Foto: pt

Unterschleißheim · Bei der bevorstehenden Bundestagswahl darf Florian Lang das erste Mal wählen. Deshalb versucht der 18-jährige Unterschleißheimer sich so gut wie möglich zu informieren.

Er schaut im Fernsehen Wahlsendungen an und hat mehrere Parteiprogramme gelesen. Was die Kandidaten und Parteien wollen, weiß er allerdings immer noch nicht: »Die Informationen sind entweder oberflächlich oder so kompliziert formuliert, dass man sie als normaler Mensch nicht verstehen kann«, klagt er.

Das findet auch Julia Borgmeier, deshalb lässt sie sich von ihrer Mutter erklären, was über Politik in der Zeitung steht. Mit 14 Jahren ist sie noch nicht wahlberechtigt, aber »es interessiert einen doch, was mit dem eigenen Leben passiert!«. Von Desinteresse an Politik ist bei den Münchner Jugendlichen also keine Spur. Aber sie sind enttäuscht von den Politikern: »Man lässt den Politikern zu viel durchgehen«, kritisiert Ivo Wellmann, 19, die Affären der letzten Zeit. Und die 14-jährige Lydia Raith aus Oberschleißheim bringt die Enttäuschung auf den Punkt: »Die reden immer viel, machen’s dann aber nicht«. Dabei gibt es eine Reihe von Themen, die die jungen Leute sehr beschäftigen.

Der Staat sollte sparen und seine Schulden abbauen – darüber sind sie sich einig. Nur so kann es ihrer Meinung nach eine stabile Wirtschaft und einen besseren Arbeitsmarkt geben. Und die Frage, ob sie später einen guten Job bekommen, beschäftigt alle.

In diesem Zusammenhang machen sie sich auch große Sorgen über das deutsche Bildungssystem. »Immer mehr Schüler haben schlechte Noten und fallen durch«, erzählt Julia aus der Schule. »Deshalb wird unsere Wirtschaft in zehn Jahren sicher nicht mehr so gut sein wie heute«, befürchtet sie. Die Schule sollte anders gestaltet werden, so dass sie mehr Interesse bei den Schüler weckt, findet Lydia. Es begeistert sie, an konkreten Projekten zu lernen, aber das gibt es in der Schule nur ganz selten. Außerdem solle das Bildungssystem in ganz Deutschland einheitlich sein, meint Florian.

Die Jugendlichen haben auch jede Menge konkreter Vorschläge: Durch die Einführung einer Autobahn-Maut soll der Staat zusätzliche Einnahmen machen und damit die Wirtschaft ankurbeln. Auch durch eine höhere Besteuerung von Zigaretten, Benzin und Flugzeugtreibstoff könne er zusätzliche Einnahmen machen.

Der Verbraucher wäre so zusätzlichen Abgaben weniger ausgeliefert als einer Erhöhung der Einkommenssteuer. Und sie wünschen sich mehr Mitbestimmungsrecht für Jugendliche unter 18 Jahren. Unabhängig von Inhalten wird klar: Ein Politiker, der Jugendliche überzeugen will, muss vor allem eines – realistische Versprechen machen und sie dann auch wirklich halten! pt

Artikel vom 18.09.2002
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