Ackermannbogen wird Baustelle: Grundstück für vier »Wohnungslose« gesucht

Umzug eines Kleindorfes

Die vier »Aussteiger« vom Ackermannbogen haben es sich auf Ihre Weise gemütlich gemacht.

Die vier »Aussteiger« vom Ackermannbogen haben es sich auf Ihre Weise gemütlich gemacht.

Es ist ein Dörfchen der besonderen Art, das sich da am Rande des riesigen, noch unbebauten Geländes am Ackermannbogen entwickelt hat: Ein alter Zirkuswagen, ein ausgedienter Baucontainer und zwei wacklige Wohnwagen sind im Viereck aufgestellt.

Sie umrahmen einen kleinen Garten, der mit Topfpflanzen, Windrädchen, einem runden Tisch und bunt zusammengewürfelten Stühlen ausgestattet ist.

Die vier Bewohner dieser Mini-Siedlung – ihre Namen sind fein säuberlich auf einem Briefkasten aufgelistet - werden im Amtsdeutsch als »Wohnungslose« bezeichnet. Denn sie haben zwar ein »Dach über dem Kopf«, aber keinen »festen Wohnsitz« – auch wenn der Besitzer des Zirkuswagens eifrig beteuert, er »wohne« schon 14 Jahre hier.

Die Stadt hat das sonderbare Dörfchen bisher augenzwinkernd geduldet, doch nun ist es damit bald vorbei. Denn auf dem Gelände soll die Baustelle für die seit langem geplante Wohnanlage am Ackermannbogen eingerichtet werden. Für die kleine »Dorfgemeinschaft« wirft das einige Probleme auf: Zwar sind die 4 Bewohner zur Umsiedlung bereit, doch sie wollen sich nicht auseinanderreißen lassen. »Wir gehören einfach zusammen«, erklärt einer von ihnen bestimmt – obwohl es natürlich immer wieder »kleine Reibereien« gibt, wie Ulrike Mühlegger, Streetworkerin der Teestube »komm« der Inneren Mission München berichtet.

Sie und ihre Kollegen besuchen die vier »Aussteiger« regelmäßig, kümmern sich um deren medizinische Versorgung und wollen ihnen nun auch helfen, ein neues »Grundstück« zu finden. – Zumindest übergangsweise, bis die Vier vielleicht doch wieder »in die Gesellschaft integriert« sind und einen festen Wohnsitz haben. Denn das ist das eigentliche Ziel der »Streetwork«–Mitarbeiter. An der Suche nach einem Übergangsquartier beteiligt sich nun auch der Bezirksausschuss Schwabing-West.

Auf Vorschlag der BA-Mitglieder Richard Bürzer und Katja Kraushaar (beide SPD) wurde das Gelände des Katastrophenschutzzentrums an der Heßstraße ins Auge gefasst. Hier, so glaubt Bürzer, könnten die 4 Leute sozialverträglich angesiedelt werden, da es keine direkten Anwohner gibt.

Doch inzwischen ist da ein kleines Problem aufgetaucht: Die Eigentumsverhältnisse für das Grundstück an der Heßstraße sind aus unerfindlichen Gründen ungeklärt. »Das Gelände gehört vermutlich nicht, wie vom Bezirksausschuss angenommen, der Stadt, sondern dem Bund«, erklärt Christoph Gernhäuser vom Kommunalreferat den Schwabinger Seiten.

Wann der rechtmäßige Eigentümer ermittelt sein wird, kann Gernhäuser nicht sagen. Allerdings, so betont er, gebe sich die Stadtverwaltung Mühe, eine Lösung für die vier Wohnungslosen zu finden. Die Räumungsfrist – sie wäre eigentlich schon in der letzten Woche abgelaufen – »sehen wir auf jeden Fall nicht so eng«, versichert Gernhäuser. Sein Versprechen: »Die Leute müssen vorerst noch nicht weg.«

Artikel vom 22.08.2002
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