Am Petueltunnel entsteht ein einzigartiger Stadt-Natur-Kunst-Park

Auferstehung aus der Asphaltwüste

Schwabing · «Norderney – hier will ich sein«, so der Schriftzug auf dem himmelblauen Käppi von Landschaftsarchitekt Otto Bertram.

Doch er täuscht. Nicht an der Nordsee, sondern mitten in der verkehrsumtobten Asphaltwüste des Petuelrings – oder was davon übrig geblieben ist –, befinden wir uns. Seit Anfang Juli rollt der Verkehr ja bekanntlich untertage. Auf der Oberfläche werden die provisorischen Fahrbahnen abgebaut und alles bereit gemacht für den Petuel-Park.

Der richtige Zeitpunkt, sich in aller Ruhe umzuschauen, bevor´s im Herbst losgeht. Mit Landschaftsarchitekt Bertram und Kollegin Stefanie Jühling und Claus Fastner aus dem Projektteam samt Chef, Baureferent Horst Haffner, geht´s im Rahmen der Ersten Münchner Architekturwoche auf eine Reise in die Zukunft des Petuelparks.

Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen um 25 Grad schlendern 30 Interessierte mit mir vom Info-Point am Ende der Belgradstraße los in die Barlachstraße - und Überraschung: Ein Bach, parallel zum Tunnel!

Es ist der Nymphenburger-Biederstein-Kanal. »Vor dreihundert Jahren ließen sich hier Herrscher auf prächtigen Schiffchen zum Schloß Nymphenburg schippern«, weiß einer. Jetzt ziehen Enten ihre Bahnen.

Ein kleiner Vorgeschmack auf die zukünftige Idylle? Jühling schwärmt von den intimen Gärten, die zwischen Tunnel und Kanal angelegt werden, aufgeteilt wie eine Wohnung: »Da gibts das Küchenzimmer mit Kräutern oder ein Badezimmer mit Wasserspielen«. Riecht es nicht nach Basilikum? Das ist wohl eher der Bus, der gerade vorbeirußt. »Ich habe ja die Mieter hier immer bedauert, aber jetzt...« meint ein Mann angesichts des Kommenden. Neid ist aber bisher nicht angebracht, so trist wie es bis jetzt am Rand des Tunnels aussieht. Es gehört schon ein Fünkchen Fantasie dazu, um sich den fertigen Park vorstellen zu können. »Eine echte Herausforderung«, so Landschaftsplanerin Jühling, sei auch das spezielle Format des Parks: etwa so breit wie ein Fußballfeld und etwa siebenmal so lang.

Die Lösung: Eine geschickte Aufteilung auf zwei Ebenen. Wir befinden uns gerade im »Erdgeschoß«. Nebenan auf dem Tunnel schreien Bauarbeiter herum, Bagger tuckern, es staubt. Kaum zu glauben, daß genau dort in zwei Jahren zwei bis drei Meter über Straßenniveau die Promenade mit weiten Wiesen und Fuß- und Radwegen verlaufen soll. Rasenstufen, Wege und Rampen überwinden den Höhenunterschied. Das ist besonders wichtig für die Rollstuhlfahrer der Einrichtung »Pfennigparade«, vor dessen blauem Gebäude wir gerade stehen. Stück für Stück nimmt der Park Gestalt an – im Kopf! Um uns einen Überblick zu verschaffen, erklimmen wir die provisorische Fußgängerbrücke an der Klopstockstraße. Hier wird der Zentralbereich sein. Und das ist der Stand heute: Weite Steppe.

Einmal die Augen fest zudrücken: Ich sehe mich schon im Café sitzen, einen Milchkaffee schlürfend. Mmhh! Das Konzept des Parks lautet Natur plus Kunst. Doch statt beeindruckender Kunstwerke sorgen eher beiläufige und heitere Elemente für Überraschung: Jühling erzählt von Gummistiefeln, »aus denen eine 15 Meter hohe Fontäne schießt«, von einer Dampfwolke und dem »Rhetorischen Wäldchen«. »Ist das wie »Speakers Corner« in London, wo jeder Reden schwingen kann?«, will ein Mann wissen. Fehlanzeige, lediglich Brunnen in Form berühmter Redner werden plätschern. Ziel ist ein bürgernaher Park, der allen Spaß macht.

»G´schwollen ausgedrückt wird das einfach ein urbaner Gewinn« davon ist Mitspazierer Dietmar Rother überzeugt. Obwohl kein gemächlicher Sonntagnachmittags-Spaziergang hinter uns liegt, sondern eine mit vielen Infos und Details gespickte Führung, macht nach den zurückgelegten 1,5 km entlang des geplanten Petuel-Parks keiner schlapp, Also weiter zur Leopoldstraße.

Dort glitzert die nagelneue gläserne Einhausung in der Nachmittagssonne. »Endgültige Endstation: 2004, beschließt Horst Haffner die Tour gut gelaunt. In zwei Jahren wird hier alles blühen. Wir sehen uns! ms

Artikel vom 31.07.2002
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