Geplanter Investoren-Einstieg vorerst geplatzt

DFL setzt fragwürdigen Milliardendeal aus

Kurvenprotest: TSV 1860 München. Foto: Anne Wild

Kurvenprotest: TSV 1860 München. Foto: Anne Wild

München/Giesing · In Folge wochenlanger Proteste der aktiven Fanszenen in Deutschlands Fußballstadien hat die DFL Deutsche Fußball Liga die geplanten Verhandlungen über den Einstieg eines Finanzinvestors vorerst abgeblasen. Nach einer außerordentlichen Sitzung in der Frankfurter Verbandszentrale entschied das DFL-Präsidium einstimmig, die laufenden Gespräche mit dem letzten verbliebenen Interessenten, dem Pri­vate-Equity-Unter­nehmen CVC Capital Partners aus Luxemburg, das unter anderem im großen Stil im Sportwetten-Sektor aktiv ist, einzustellen.

Die DFL wollte zunächst eine Milliarde Euro für eine prozentuale Beteiligung an künftigen TV-Erlösen von einem Finanzinvestor einstreichen. Um die für die Aufnahme entsprechender Verhandlungen erforderliche 2/3-Mehrheit zu erreichen, hatte der Ligaverband eine Abstimmung unter den 36 in ihm organisierten Vereinen und Kapitalgesellschaften in geheimer, nichtoffener Form durchführen lassen. Dabei soll es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Der Hannoversche Sportverein von 1896 legte Beschwerde ein, weil die Niedersachsen davon ausgehen, dass der Geschäftsführer ihrer Profifußball-Tochter, Martin Kind, die Gelegenheit nutzte und entgegen der Maßgabe des Muttervereins abgestimmt habe.

»Eine erfolg­reiche Fort­füh­rung des Pro­zesses scheint in Anbe­tracht der aktu­ellen Ent­wick­lungen nicht mehr mög­lich«, erklärte Hans-Joa­chim Watzke, der Sprecher des Präsidiums des DFL, in einer Mitteilung. Ihm zufolge sei der Deal nicht zuletzt am intensiven und nicht nachlassenden Protest aus den Fankurven gescheitert. Watzke zufolge habe man sich deshalb in einer »Zerreißprobe« befunden. Fan-Vertreter Thomas Kessen von der Initiative »Unsere Kurve« nannte die Entscheidung einen »guten Tag für Deutschlands Fußballfans.« Gegenüber dem ZDF-Morgenmagazin erläuterte Kessen: »Wenn es im deutschen Fußball eins zur Genüge gibt, dann ist es Geld. Es ist bloß absolut ungleich und unfair verteilt.«

Auch TSV 1860-Kreditgeber Hasan Ismaik, als erbitterter Gegner von 50+1 bekannt, ließ es sich nicht nehmen, die Entscheidung der DFL bei Facebook zu kommentieren. Mit »großem Bedauern« habe er die Nachricht vernommen. Ismaik findet: »Es ist zweifelsfrei ein Sieg für die Ultras, aber eine große Niederlage für die weitere Entwicklung des deutschen Fußballs.« Leidtragender, argumentiert der Jordanier, sei »am Ende der Konsument (der Fan), der etwa mit höheren Kosten bei den Eintrittspreisen oder im Merchandising rechnen muss.«

(as)

Artikel vom 22.02.2024
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