Kommt es zur Trennung vom TSV 1860 München?

Ismaik spricht über möglichen Ausstieg

Umstritten beim Anhang des TSV 1860: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild

Umstritten beim Anhang des TSV 1860: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Vor gut zwölf Jahren wurde der arabische Geschäftsmann Hasan Ismaik zum Anteilseigner des TSV 1860 München. Der Jordanier erwarb Aktien an der aus dem Mutterverein ausgegliederten Profifußball-Gesellschaft der Löwen, die damals kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stand. Der frühere Bayern-Manager Uli Hoeneß verriet zehn Jahre später in einem Podcast der Süddeutschen Zeitung, er persönlich habe seinerzeit den Kontakt zu Ismaiks Berater Hamada Iraki vermittelt. Nicht ganz uneigennützig, denn der damalige Zweitligist drohte als Mieter der noch nicht abbezahlten Arena in Fröttmaning auszufallen.

Innerhalb von nur acht Wochen wurde 2011 eilig eine Beteiligung ersonnen, die beiden Partnern bis heute Kopfschmerzen bereitet. Ismaik war – vermutlich auch in Unkenntnis der genauen Rechtsform einer GmbH & Co. KGaA – mit einer seiner Beteiligungsfirmen Gesellschafter geworden. Der damals 38-Jährige dürfte in der festen Annahme gewesen sein, er habe sich einen Fußballklub gekauft. Die spezielle 50+1-Regelung im Deutschen Fußball sollte ein Kooperationsvertrag zwischen den Partnern abschwächen. Doch von Anfang an geriet die Beziehung zu einer schwierigen Liaison.

Zu unterschiedlich gestalteten sich die Vorstellungen zwischen Vereinsvertretern und den Münchnern Statthaltern Ismaiks, die der Jordanier kompromisslos austauschte, wenn sie seinen Direktiven nicht Folge leisteten. Auch das Personal der Profifußball-Gesellschaft geriet in eine Spirale aus Hire and Fire, die sich immer schneller drehte. Geschäftsführer, Sportdirektoren, Trainer und Spieler kamen und gingen beim TSV 1860 München fast mit den Jahreszeiten. Ismaik bestimmte den Takt. Dazu tauchten skurrile Berater aus seinem Umfeld auf. Sportlicher Erfolg wollte sich nicht einstellen. Dabei hatte Ismaik den Anhängern des Klubs den Aufstieg in die Bundesliga und baldige glanzvolle internationale Auftritte versprochen und war dafür von nicht wenigen wie ein Messias gefeiert worden.

Am Ende einer immer irrer werdenden Rallye stand 2017 sportlich der Abstieg in die Dritte Liga und nur kurz darauf der wirtschaftliche Absturz in die Regionalliga Bayern. Ismaik konnte oder mochte die erforderlichen finanziellen Garantien für eine Drittliga-Lizenz nicht fristgerecht erbringen. Allein in der Zweitliga-Spielzeit 2016/2017 hatte der Klub unter der Führung von Ismaiks Vertrauten und unter wohlwollender Duldung durch den damaligen Vereinspräsidenten Peter Cassalette einen Verlust von 21,9 Millionen Euro verursacht. Ablösesummen und Rekord-Gehälter wurden in Form von Krediten der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA aufoktroyiert.

Hatten sich die Klubverantwortlichen vom Einstieg Ismaiks im Jahr 2011 noch eine Verbesserung der wirtschaftlich prekären Verhältnisse versprochen, mussten sie stattdessen 2017 eine neue Rekordverschuldung in der Geschichte des TSV 1860 konstatieren. Die Gesellschaft stand wieder einmal am Rande der Insolvenz. Doch diesmal sollten sich die Dinge tatsächlich radikal ändern und diese Veränderungen sind bis heute der Nährboden für weitere Konflikte zwischen den Gesellschaftern und unter Teilen der Anhängerschaft des Klubs. Robert Reisinger wurde Präsident des Muttervereins und der TSV 1860 München kehrte in das Grünwalder Stadion in Giesing zurück. Dort erfanden sich die Löwen neu, streiften das Image vom Oligarchenklub ab.

Ein Jahr lang hielt sich Ismaik nach dem Absturz weitgehend im Hintergrund, doch mit dem sportlichen Aufstieg in die Dritte Liga wollten auch er und seine Sachwalter wieder Teil der Show werden und ließen keine Gelegenheit ungenutzt, die ihnen missliebigen Vereinsvertreter zu desavouieren. Begleitend versuchte Ismaik mit Gleichgesinnten wie Hannovers Martin Kind die 50+1-Regel im Deutschen Fußball vor dem Bundeskartellamt zum Scheitern zu bringen. Doch das Ergebnis seiner jahrelangen juristischen Bemühungen dürfte für ihn enttäuschend sein. Für die aktive Fanszene des TSV 1860 München ist Ismaik seit langem ein rotes Tuch. Beim vergangenen Heimspiel gegen den FC Ingolstadt wurde der Protest in der Kurve einmal mehr sicht- und hörbar.

In einem längeren Interview mit der Abendzeitung sprach Ismaik nun erstmals über eine mögliche Trennung. Auf die Frage »Kommt es nicht doch irgendwann zu dem Punkt, an dem Sie Ihr Investment beim TSV 1860 überdenken?«, antwortete der mittlerweile 46-Jährige, dass es eine Option gebe, die Sache zu beenden. Er könne kein Preisschild nennen, aber: »Wenn sich der Mitgesellschafter mit mir zusammensetzt und zugibt, dass ich nur benutzt worden bin, dass diese Nadelstichpolitik real ist und man mich rausekeln will. Wenn sie diese Fehler gestehen, sich dafür entschuldigen und mir sagen: ›Mister Hasan, wir sagen es Dir direkt ins Gesicht: Du sollst aussteigen, der Verein soll den Fans gehören!‹ Wenn sie dieses Gespräch mit mir führen – und zwar mit Respekt – dann wäre ich für Verhandlungen bereit. Dann würde ich diese Türe aufmachen.«

(as)

Artikel vom 20.02.2024
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