Gedanken zur Weihnachten von Pfarrer Anton Hagl

Harlaching/Untergiesing · Macht hoch die Tür!

Pfarrer Anton Hagl, Leiter des Pfarrverbandes Harlaching, lädt ein, die Türen des eigenen Herzens für die Weihnachtsbotschaft weit aufzumachen.  Foto: hw

Pfarrer Anton Hagl, Leiter des Pfarrverbandes Harlaching, lädt ein, die Türen des eigenen Herzens für die Weihnachtsbotschaft weit aufzumachen. Foto: hw

Harlaching/Untergiesing · Im Wald is so staad,
alle Weg san verwaht,
alle Weg san verschniebn,
is koa Steigl net bliebn.

Kimmt die heilige Nacht,
und da Wald is aufgwacht,
schaugn de Has’n und Reh,
schaugn de Hirsch übern Schnee.
Hamm sie neamad net gfragt,
hot’s eahr neamad net gsagt,
und kennan’s do bald,
d’ Muatta Gottes im Wald.

So heißt es zu Beginn der Heiligen Nacht von Ludwig Thoma. Es gibt wahrscheinlich nur wenige Texte, die eine so große Ergänzung durch Lieder, Geschichten, Gedichte und Erzählungen bekommen haben, wie das Evangelium der Heiligen Nacht. All die Weihnachtslieder, die wir in diesen Tagen singen, die Krippenspiele die überall in den Kindermetten gespielt wurden, die Krippendarstellungen in den Kirchen und in den Wohnungen und viele, viele Erzählungen versuchen, Weihnachten gerecht zu werden. Und sie erzählen in immer wieder neuen Geschichten vom Wunder der Geburt Jesu Christi, von der Menschwerdung Gottes.

Und es ist kein Wunder, dass sich so viel Brauchtum und so viele neue Geschichten um dieses Evangelium gesponnen haben. Denn der Autor dieser Zeilen, der Evangelist Lukas lässt ja einigen Spielraum. Da heißt es z.B. ganz kurz und knapp. Sie legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. Warum dort kein Platz war, das bleibt unserer Phantasie überlassen. Waren die Häuser wirklich so voll, dass es für eine hochschwangere Frau keinen Platz mehr gegeben hatte? Oder haben vielleicht die Krippenspiele recht, bei denen die Wirte meist gar nicht gut wegkommen und dem Heiligen Paar vor der Nase die Tür zuknallen? Oder hat vielleicht Ludwig Thoma recht, bei dem Maria und Josef sogar bei einer Verwandten in Bethlehem anklopfen, die aber zu bequem sind, um die Tür aufzumachen und Angst haben, dass die beiden ihnen auf der Tasche liegen werden und ihre Ruhe stören – mitten in der Nacht. Und manchmal denken wir uns doch alle, ja, so gemein, so geschert, waren die damals, diesem armen Paar gegenüber. Vielleicht steckt hinter all diesen Erzählungen doch auch, dass wir uns als Menschen ganz gut kennen. Das St. Florians-Prinzip nützen wir gerne: Heiliger St. Florian, verschon unser Haus, zünd andere an! Ja, helfen möchten wir oft schon ganz gern, aber die Not, die Armut, die Krankheit, das Alter, sollen uns doch bitte vom Leibe bleiben.

Manchmal denke ich mir, bin ich, gar nicht so anders, als die Wirtsleute im Krippenspiel. Hier ist kein Platz! Denn um Platz zu schaffen, müsste ich vielleicht etwas aus dem Weg räumen, was mir wichtig ist. Und wenn es nur in meinem Herzen ist.

Hier ist schon voll! Aber vielleicht ist es hier nur so voll, aber ich nichts habe, auf dass ich verzichten könnte. Nichts habe, von dem ich sage, gut ich gebe es ab, damit andere etwas davon haben.

Ich will meine Ruhe! Aber vielleicht mag ich nur meine Ruhe haben, weil der oder die, die etwas von mir will, mich aus meinem gewohnten Trott rausbringen könnte, mich mit Dingen, konfrontierten könnte, von denen ich eigentlich nichts wissen will.

Also am Besten bleibt die Tür zu!

Für viele Menschen ist damals, diese Nacht eine Nacht geblieben, wie jede andere. Für manche wurde sie zur Heiligen Nacht. Die Hirten haben sich aufgemacht. Sie sind dem Aufruf der Engel gefolgt. Sie sind nicht sitzen geblieben bei ihren Herden, sondern losgezogen. Vielleicht auch deshalb, weil sie selber nicht viel besaßen, zumindest nichts besaßen, was es ihnen schwer gemacht hätte, aufzubrechen. Wie so anders, als es bei uns vielleicht heute ist. Wo wir oft meinen ohne so vieles nicht leben zu können. Und doch wäre es so einfach möglich!

In Bethlehem hatte ein Haus die Türen auf in dieser Heiligen Nacht. Das war der Stall. Dort, wo Gottes Sohn Mensch wird, da stehen die Türen auf! Und er selber zeigt es uns als erwachsener Mensch, wie viel oft damit gewonnen ist, sich für den anderen zu öffnen und sich nicht hinter der eigenen Tür zu verbarrikadieren. Das ist doch auch das, was uns diese Heilige Nacht Jahr für Jahr vor Augen führt. Auch wir öffnen in diesen Tagen unsere Türen, für die Menschen, die mit uns Weihnachten feiern, für unsere Familien, unsere Freunde, vielleicht auch für jemanden, der in diesen Tagen ganz besonders unsere Hilfe braucht.

Aber soll das in ein paar Tagen schon wieder vorbei sein? Müssen wir mit den Christbaumkugeln und den Tannenzweigen auch diese Gesinnung auf den Speicher oder in den Keller räumen? Vielleicht können wir ja dieses Eine über Weihnachten hinaus retten. Wahrscheinlich wird es uns nicht immer gelingen, aber wir könnten uns diese Botschaft immer wieder sagen und zumuten. Mach die Türen auf! Die deiner Wohnung und deiner Häuser, aber viel mehr noch, die deines Herzens!

Zum Schluss, soll noch einmal Ludwig Thomas das Wort haben:
Und geht's ös in d' Mett'n, ös Leut,
Na roat's enk de G'schicht a weng z'samm!
Und fragt's enk, ob dös nix bedeut',
Daß 's Christkind bloß Arme g'sehg'n hamm.

Artikel vom 23.12.2023
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