Gedanken zur Weihnacht von Pastoralassistent Steinbacher

Jetzt is' grad schlecht

Im Basar von Bethlehem suchen Josef und die auf dem Esel reitende Maria vergeblich eine Unterkunft. Figuren von Sebastian Osterrieder (1864-1932). Szene in der Krippe von St. Ursula am Kaiserplatz. Foto: Annette Krauß

Im Basar von Bethlehem suchen Josef und die auf dem Esel reitende Maria vergeblich eine Unterkunft. Figuren von Sebastian Osterrieder (1864-1932). Szene in der Krippe von St. Ursula am Kaiserplatz. Foto: Annette Krauß

Schwabing · Weihnachten? Jetzt is‘ grad schlecht! Es ist doch noch so viel zu tun, zu erledigen, zu besorgen… Der Wintereinbruch, Bahnstreik… Verzögerungen und Ärger! Und wie’s in der Stadt aussieht: Haufen von schmutzigem Schnee, Split und Abfall… Bettler an den Straßen, Obdachlose unter Brücken … Ganz zu schweigen von der politischen Lage:

Krieg in der Ukraine, Krieg im sogenannten Heiligen Land! Der Bock als Gärtner auf der Klimakonferenz! Und unsere Bundesregierung? Macht nicht gerade hoffnungsfroh… Offen gestanden passt es gerade überhaupt nicht in Zeit und Situation, das Fest der Liebe! Das Bild aus der Krippe der St. Ursula-Kirche, eine Straßenszene aus Betlehem (Westjordanland) erzählt allerdings auch von Erschöpfung und Ratlosigkeit, von Not und Vereinzelung. Das Bild zur Linken - will keiner sehen: religiöser Kitsch der römischen Besatzungsmacht.

Die mühsame Alltagsarbeit: Kurbeln und Ziehen und Schleppen, wieder und wieder! Der Wirt in der Tür, der wortreich erklärt, dass es grad ganz schlecht ist und wirklich alles besetzt und belegt ist… Der Kunde, entsetzt über die schon wieder gestiegenen Preise… Oder doch nur ein Versuch, geschickt zu verhandeln? Der Bettler schließlich, vor leerer Schüssel, alt und müde, hat für diesen Tag auch schon resigniert. In der Mitte das „traute hochheilige Paar“: ratlos und überfordert der Vater, auf erschöpftem Esel die Mutter. Sie spürt, dass es bald losgehen wird… Sie legt die linke Hand auf den Bauch, um zu halten und zu spüren… Unter dem Stamm einer Palme, wie im Koran (Sure 19,23) erwähnt. Wie groß ist ihre Sehnsucht nach einem sicheren Raum und dem Beistand einer erfahrenen Frau! Wirklich denkbar schlechte Umstände, da passt grad gar nix!

Und genau da hinein wird der Retter geboren! Wo grad gar nix passt! So zart wie der Dämmerschein über der Stadtmauer, wie das Funkeln der scheinbar winzig leuchtenden Sterne. Ein ganz kleiner Mensch, verletzlich, hilfsbedürftig, auf Liebe und Schutz angewiesen. Zugleich voll von Gottes Willen und Barmherzigkeit, von Gottes Sehnsucht nach uns Menschen. Nach uns bettelnden und eifernden, hektischen und zerfransten, gedankenlosen oder ehrgeizigen, übereifrigen oder depressiven Menschen. Mit unseren Begabungen und Grenzen, mit unseren doch so großen Möglichkeiten zu lieben, zu helfen, zu vergeben und Frieden zu schließen! Wir alle „Menschen seines Wohlgefallens“ (Lukas 2,14). Wir alle, berufen, Frieden zu halten! Frieden auf Erden! Frieden untereinander und Frieden mit Erde und Schöpfung! Lassen wir uns nicht davon abbringen, jetzt aus vollem und weitem Herzen Weihnachten zu feiern. Jetzt, wo’s grad schlecht ist.

Damit wir uns vom Geist des Kindes in der Krippe bestärken lassen, die zu lieben, die uns kostbar sind. Und mit denen barmherzig zu bleiben, die uns anstrengen oder zuwider sind. Denn die Ehre Gottes in der Höhe ist der Mensch, der auf Erden mit seinen Schwestern und Brüdern Frieden sucht und hält.

Vielleicht kann unser Bild Sie und Euch dazu ermuntern, in der eigenen Krippe „spazieren“ zu gehen. Oder die eigene Krippe mit neuen Figuren und Gegenständen anzureichern und zu erweitern. Und immer wieder liebevoll zu betrachten. Ihnen und Euch und allen Menschen eine frohe und friedliche Festzeit und ein gesegnetes und friedlicheres Neues Jahr!

Krippe der kath. Kirche St. Ursula, Schwabing, betreut von Annette Krauß.

Artikel vom 24.12.2023
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