Staatsminister besucht Reptilien-Auffangstation

Schwabing · Besonderer Tierschutz

Dieser Teppichpython ist sehr dekorativ und gleichzeitig ungefährlich. Oft werden Reptilien unbedacht gekauft und dann mangels Zeit und Fachwissen wieder abgegeben. Die Reptilienauffangstation in der Kaulbachstraße nimmt sich ihrer an. Foto: mha

Dieser Teppichpython ist sehr dekorativ und gleichzeitig ungefährlich. Oft werden Reptilien unbedacht gekauft und dann mangels Zeit und Fachwissen wieder abgegeben. Die Reptilienauffangstation in der Kaulbachstraße nimmt sich ihrer an. Foto: mha

Schwabing · Viele haben ihre "Kenntnisse" über Reptilien und größere Spinnentiere vornehmlich aus gruseligen Filmen. Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Staatsminister Dr. Florian Herrmann zugegebenermaßen auch. Bei einem Besuch in der Auffangstation für Reptilien in der Kaulbachstraße – der größten ihrer Art in Deutschland – hat sich das nun gehörig geändert. Durch die Erklärungen des Leiters der Einrichtung, Veterinärmediziner Dr. Markus Baur, erhielten der Minister sowie zahlreiche Pressebesucher kürzlich aufschlussreiche Einblicke in den Alltag der Bewohner der Station, die oftmals alles andere als Kuscheltiere sind.

Tierschutzverein betreut ganz besondere Schützlinge

Die Auffangstation ist ein gemeinnützig anerkannter Tierschutzverein – einer der ganz besonderen Art! Seit über 20 Jahren werden dort unter wissenschaftlicher Anleitung Reptilien, aber auch andere exotische Tiere betreut. Dabei übernimmt die Station quasi hoheitliche Aufgaben in Tier- und Artenschutz und sorgt unter anderem durch die Verwahrung gefährlicher Tiere für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Darüber hinaus leistet sie in den Bereichen Wissenschaft und Gesetzgebung ihren Beitrag, steht mit fachlichem Rat zur Verfügung und ist im Rahmen der Prävention durch Beratungen, Schulungen und Führungen aktiv. Zudem ist sie in der Öffentlichkeits- und Umweltbildung sowie im Naturschutz tätig. So kann man beispielsweise bei der Station nachfragen, um welches Tier es sich handelt, wenn man eine Schlange oder Ähnliches in seinem Garten oder in der freien Natur gesichtet hat und wissen will, was zu tun ist.

Schulungen für Soldaten im Auslandseinsatz durchgeführt

Auch auf Bundesebene bietet die Station ihre Fachkunde an und schult zum Beispiel die Bundeswehr im Umgang mit Gefahrtieren. Soldaten, die in den Auslandseinsatz müssen, lernen vorher unter der kompetenten fachlichen Anleitung von Dr. Baur und Kollegen, ihre Angst vor gefährlichen Tieren zu überwinden. Anhand des lebenden Objekts wird ihnen erklärt, welchen "Waffen" die Tiere haben und wie sie ohne Verletzungen abgewehrt werden können.

Allerlei außergewöhnliche und auch gefährliche Bewohner

3.000 Tiere, angefangen von ganz kleinen, wie Skorpionen, über Schildkröten, Schlangen, Echsen – beispielsweise Leguanen – bis hin zu großen Spinnen, Krokodilen und Alligatoren leben in der Station. Ihnen gegenüber stehen nur 20 Mitarbeiter, die die Tiere nicht nur füttern und versorgen, sondern auch mit schwereren Arbeiten wie dem Bau von Außenanlagen beschäftigt sind. 400 Mitglieder zählt der Trägerverein der Station, die sich der Aufnahme, Pflege und Weitervermittlung von Reptilien und exotischen Tieren verschrieben hat.

Woher kommen die exotischen Schützlinge?

Nun fragt man sich, woher die vielen zum Teil gefährlichen und auch giftigen Bewohner der Auffangstation denn alle stammen. Gibt es doch in München, Bayern und Deutschland keine freilebenden Kobras oder Vogelspinnen. Auch die drei Raubkatzen, die in einer Außenstelle, dem Exotenhaus in Riem, ihr Zuhause gefunden haben, findet man nicht einfach mal so im Hinterhof. Ein großer Teil der Bewohner der Reptilienauffangstation stammt aus Beschlagnahmen durch Veterinärämter, Naturschutzbehörden, Polizei, Zoll oder Ordnungsämter. Es herrscht, so Dr. Baur "viel Unwissenheit bei Laien-Haltern", die sich die Tiere schnell einmal zulegen, dann aber mit der Haltung überfordert sind. Manche geben ihren "Liebling" in der Station ab, einige Tiere sind ausgerissen und nicht wenige wurden ausgesetzt. Einer der Bewohner, der Grüne Leguan "Robert", wurde in einem Baum vor dem Büro seines Namensvetters Robert Habeck, des grünen Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz, in Berlin gefunden. Nun lebt er in München in Quarantäne und wartet auf einen fachkundigen Besitzer. Auch extreme Fälle wie die Funde von Giftschlangen, die bei routinemäßigen Röntgenaufnahmen in Postpaketen entdeckt wurden, kommen vor. "Animal-Hoarding", eine Tiersammelsucht, bei der große Mengen von Tieren gehalten werden, dann aber nicht mehr versorgt werden können, trägt ebenfalls immer wieder zur Erhöhung der Bewohnerzahl in der Auffangstation bei.

Station platzt aus allen Nähten – Neubau erforderlich

Die Zahl der Tiere in der Station hat sich im Laufe von zehn Jahren verdoppelt und es werden immer mehr – nicht zuletzt durch die Folgen der Corona-Pandemie, in der sich so mancher einen ausgefallenen tierischen Hausgenossen zugelegt hatte, später nicht mehr versorgen konnte und abgab. So wird es in den bisher genutzten Räumen zunehmend eng. Die Terrarien sind in den ohnehin kleinen Räumen übereinander gestapelt und sogar Leiter Dr. Baur muss sein Büro mit mehreren exotischen Tieren in Glaskästen teilen. Die Enge erschwert auch die Umsetzung tierschutzrechtlicher Vorgaben, den Brand- und den Arbeitsschutz; wichtige Räume wie Umkleiden für die Mitarbeiter fehlen zum Teil. Seit Jahren schon ist ein zeitgemäßer Neubau in Planung, da sich dieser als kostengünstigste Lösung gegenüber einer möglichen Umnutzung anderer Räumlichkeiten erwiesen hat; das Gebäude in der Kaulbachstraße soll 2029 abgerissen oder saniert werden. Für den Neubau wurde bereits 2018 ein Grundstück in Mintraching im Landkreis Feising erworben, doch haben sich mittlerweile zahlreiche Probleme bei der Umsetzung des Bauvorhabens ergeben: Durch Pandemie und Ukrainekrieg bedingte Teuerungen, Lieferengpässe, die Inflation und einige weitere Faktoren haben die ursprünglich veranschlagten Kosten von 10 Millionen auf mindestens 16 Millionen Euro ansteigen lassen. Ohne die Hilfe durch den Freistaat Bayern lässt sich das Vorhaben nicht bewältigen. Nun konnte sich Staatsminister Dr. Herrmann selbst ein Bild von der schwierigen Situation in der Auffangstation vor Ort machen. Er lobte die "äußerst wichtige und hochkompetente Arbeit der Station", und sagte am Ende seines Besuches zu, in der Sache moderierend tätig zu werden, denn "irgendwo müssen die Tiere ja hin." Es werde zügig nach einer Lösung gesucht und eine recht baldige Entscheidung angestrebt, zumal die Zeit drängt. "Dort, wo der Staat seinen Anteil dazu beiträgt, da möchte ich mich gerne dafür einsetzen", so der Minister weiter.

Tiere stehen zur Vermittlung bereit

Mit Ausnahme einiger weniger Arten, die wegen eines Haltungsverbotes, ihrer Gefährlichkeit oder der Größe nicht abgegeben werden können, sind alle Tiere an geeignete Halter zu vermitteln. In Deutschland ist beispielsweise die Haltung von Schnappschildkröten verboten. Die 32 Exemplare in der Station müssen folglich dort verbleiben. Oberste Devise bei der Vermittlung ist stets "Wissen schützt Tiere", denn eine Haltung erfordert die nötigen Kenntnisse im Umgang und der Pflege der Tiere. Weitere Informationen erhält man auf der Homepage unter der Adresse www.reptilienauffangstation.de. Persönlich sind die Mitarbeiter der Station montags und dienstags sowie donnerstags und freitags von 13 bis 17 Uhr unter der Telefonnummer 49 89 21 80 5030 erreichbar. Wer eines der Tiere adoptieren will oder ein Tier abgeben muss, kann sich unter der E-Mail-Adresse info@reptilienauffangstation.de melden. Dasselbe gilt auch, wenn man ein Tier gefunden oder weitere Fragen rund ums Thema "Reptil" hat.

Fördern erwünscht
Wer für die Reptilien-Auffangstation und ihre Bewohner spenden will, kann das an folgende Kontonummer tun:
IBAN: DE83 7019 0000 0000 9881 54
BIC: GENODEF 1M01

Artikel vom 01.09.2023
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