Professionelle Beratung bietet die Alzheimer Gesellschaft

Ebersberg · Hilfe bei Demenz

Dagmar Kiefert hat langjährige Erfahrungen mit Demenz-Patienten gemacht. Menschen mit Demenz brauchen eine einfühlsame und auf sie speziell abgestimmte Pflege und Betreuung. Foto: Alzheimer Gesellschaft Ebersberg

Dagmar Kiefert hat langjährige Erfahrungen mit Demenz-Patienten gemacht. Menschen mit Demenz brauchen eine einfühlsame und auf sie speziell abgestimmte Pflege und Betreuung. Foto: Alzheimer Gesellschaft Ebersberg

Ebersberg · Wer demenziell erkrankt, ist in jeder Phase seines Lebens auf einfühlende und individuell angepasste Begleitung angewiesen. Dies gilt umso mehr, wenn die von der bis heute nicht heilbaren Demenz Betroffenen immer stärker an Symptomen wie beispielsweise Unruhe oder Schmerzen leiden.

Hier kann professionelle Begleitung spürbare Linderung bringen. „Je früher sich Betroffene und ihre Angehörigen über Unterstützung beraten lassen, desto entlastender ist das für alle Beteiligten“, sagt Dagmar Kiefert. Sie arbeitet seit rund 15 Jahren als Palliativ Care Fachkraft mit Ärzten, Pflegenden, Seelsorgenden und Sozialpädagogen in multiprofessionellen Teams. Die 59-Jährige wünscht sich, dass im Interesse Betroffener die Bedeutung von Palliativversorgung mehr ins Bewusstsein rückt.

Frau Kiefert, welche Bedürfnisse stehen bei Menschen mit Demenz, wenn sie palliativ versorgt werden, im Fokus?
Dagmar Kiefert: Das Ziel der Palliativversorgung ist es, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten so hoch wie möglich zu halten. Dies gilt natürlich auch für Menschen mit Demenz und deren ganz spezielle Situation. Ihr emotionales Wohlbefinden spielt eine zentrale Rolle, menschliche Zuwendung mit Empathie und Wertschätzung haben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Lebensqualität von Menschen mit einer Demenzerkrankung. Diese brauchen so viel Stabilität und Kontinuität und so wenig Veränderungen wie möglich. Veränderungen erzeugen Unsicherheit und Angst. Deswegen sollten auch möglichst keine Einweisungen ins Krankenhaus mehr stattfinden. Bei der palliativen Versorgung Demenzerkrankter wird stark darauf geachtet, dass immer dieselben Menschen kommen und auch immer dieselben Abläufe bei deren Besuchen stattfinden.

Wie geht die Palliativversorgung auf die spezielle Situation demenziell Erkrankter ein?
Dagmar Kiefert: Wir verhalten uns so, wie es auch für das Umfeld der Menschen mit Demenz ratsam ist. Das heißt, wir nehmen die Menschen mit ihren Bedürfnissen und in ihrer Gefühlswelt ernst. Das steht ihnen unbedingt zu. Dazu gehört, dass wir sie nicht korrigieren und zum Beispiel auch bei Sonnenschein mit einem Schirm hinausgehen lassen. Auch wenn die Erkrankten sich nicht mehr verbal artikulieren können, senden sie mit Mimik, Gestik, Körperhaltung oder Körperspannung Signale aus. Diese zu verstehen, erfordert Zuwendung statt Ablehnung, Mitgefühl statt Mitleid. Auch bei möglichen Aggressionszuständen ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass die Betroffenen ja nicht aus Boshaftigkeit so handeln wie sie es gerade tun.

Welche Gründe kann aggressives Verhalten haben?
Dagmar Kiefert: Es ist erwiesen, dass Menschen mit Demenz zumeist mit Schmerzmitteln unterversorgt sind. Wenn sie von jetzt auf gleich unruhig werden, liegt das oft an zu niedrig dosierten Schmerzmitteln der überwiegend unter mehreren Erkrankungen leidenden Patientinnen und Patienten. Darüber hinaus können natürlich auch Menschen mit Demenz aufgrund seelischer Leiden unruhig werden. Insbesondere zum Beginn der Demenz entwickeln manche Betroffene eine Depression, die selbstverständlich unbedingt behandelt werden muss.

Stehen die Symptome im Zentrum der Palliativversorgung?
Dagmar Kiefert: Ja, das tun sie. Denn der Anspruch auf Palliativ Care erfordert zwei Voraussetzungen: Die Betroffenen müssen einer Krankheit haben, die zum Tode führt. Außerdem müssen sie unter einem massiven Symptomgeschehen leiden, wie dies bei Menschen mit Demenz zum Beispiel oft die schon erwähnten Schmerz- und Unruhezustände sind. Die Unterstützung der multiprofessionellen Teams in der Palliativversorgung orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der Patienten, davon hängt auch die Häufigkeit der Besuche ab. Außerdem sind die Dienste telefonisch an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr unter einer Notrufnummer zu erreichen. Um Angehörige zu unterstützen und Verunsicherungen zu vermeiden, werden ihnen Krisensituationen, auch scheinbare wie eine veränderte Atmung am Ende des Lebens, schon im Vorfeld ganz genau erklärt.

Wann sollten Menschen und ihre Angehörigen über Palliative Care nachdenken?
Dagmar Kiefert: Je eher, desto besser. Ich rate ganz dringend dazu, sich sofort nach der Diagnose Demenz mit allen nun relevanten Themen von der Patientenverfügung über eine Vorsorgevollmacht oder das Testament bis hin zur Palliativversorgung auseinanderzusetzen und beraten zu lassen. Natürlich bieten die Teams in der Palliativversorgung ein Beratungsgespräch auch schon an, bevor die ersten Symptome auftauchen. Wichtig ist auch, schon im Vorfeld zu überlegen, wie eine Versorgung zuhause aussehen könnte. Pflegestützpunkte oder Alzheimer Gesellschaften sind hier eine sehr gute Adresse für eine Beratung. Generell hilft es allen, wenn Betroffene und ihre Angehörigen sich zeitig darüber austauschen, welche Wünsche - durchaus auch bezüglich später möglicher unangenehmer Themen wie eine Magensonde - die Menschen mit Demenz haben. Die dadurch entstehende innere und äußere Klarheit nimmt allen Beteiligten unglaublich viel Druck.

Die Alzheimer Gesellschaft Ebersberg e.V. befindet sich im Paulhuberweg 2. Zu erreichen sind die Mitarbeiter unter Telefon: 08092/22445, per E-Mail: info@alzheimer-gesellschaft-ebersberg.de oder im Internet: www.alzheimer-gesellschaft-ebersberg.de

Artikel vom 06.06.2023
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