Die exklusiven Aufführungen König Ludwigs II

Altstadt · Der Kini macht Theater

König Ludwig II ließ sich hier neben dem Schauspieler Josef Kainz fotografieren. (Josef Kainz stehend und König Ludwig II. sitzend nebeneinander im Doppelportrait). Foto: Deutsches Theatermuseum München

König Ludwig II ließ sich hier neben dem Schauspieler Josef Kainz fotografieren. (Josef Kainz stehend und König Ludwig II. sitzend nebeneinander im Doppelportrait). Foto: Deutsches Theatermuseum München

Altstadt · Dass Michael Jackson in Neverland ein eigenes Kino gehabt hat, ist hinreichend bekannt. Doch was für den King of Pop galt, hat es schon lange vorher gegeben: Auch unser Kini, Ludwig II (1845 bis 1886), mochte es in Sachen Unterhaltung gerne privat.

Zwischen 1872 und 1885 fanden über 200 Schauspiel-, Opern- und Ballettvorstellungen im Residenz- und Nationaltheater ganz exklusiv für ihn statt - die sogenannten Separatvorstellungen. Durch sie konnte er aus seinem Alltag entfliehen und eintauchen in seine Wunschvorstellungen mit exotischen und sagenhaften Szenarien.

"Ich will kein Schauobjekt für die Menge sein"

"Ich will selbst schauen, aber kein Schauobjekt für die Menge sein." Der schon von früher Jugend an theaterbegeisterte Ludwig fühlte sich während normaler Theatervorstellungen durch die Leute gestört, die ihn ständig - auch durch ihre Operngläser - beobachteten und anstarrten. So entzog er sich den neugierigen Blicken durch speziell für ihn aufgeführte Stücke.

Doch damit nicht genug. Ludwig selbst bestimmte, wie die Aufführungen gestaltet sein sollten. Neben sehr detailverliebten Anweisungen bezüglich des Aussehens von Bühnenbildern und Kostümen oder der Auswahl der Stücke sticht sein großes Interesse an der Bühnentechnik hervor, die bei der Verwirklichung seiner Ideen eine entscheidende Rolle spielte. So wurden mithilfe damals modernster Technik Effekte möglich, die bereits ähnlich wie Filmszenen und so ihrer Zeit weit voraus waren. Auch die Auswahl der Schauspieler lag in Ludwigs Händen. Beispielsweise wollte er die Madame de Pompadur jedes Jahr durch eine andere berühmte Schauspielerin verkörpert wissen.

Um Schauplätze deteilgetreu nachbilden zu können, ließ er schon mal seine Bühnenbildner nach Frankreich reisen, damit sie sich ein genaues Bild machen konnten.

Sagenhaftes wird in Realität umgewandelt

Auch von der deutschen Sagenwelt mit Figuren wie Parzival und den Rittern der Tafelrunde war Ludwig schon immer sehr angetan, sodass er sie auch in seine Theateraufführungen einbezog. Daneben gehörten die Schiller'sche Dramenwelt mit Stücken wie "Johanna von Orleans" und die Opern seines verehrten Freundes Richard Wagner zu dem von ihm bevorzugten Repertoir. Stimmungsvolle Momente ließ er gekonnt mit ausgeklügelter Technik auf der Bühne umsetzen: Ob Regenbögen, auf denen die Schauspieler laufen konnten, Unterwasserszenen oder mit elektrischem Licht realisierte Mondaufgänge - alles musste perfekt umgesetzt sein, um dem Kini zu gefallen. Laufend nahm er technische Korrekturen vor; der Schatz auf dem Riff in Wagners Rheingold musste zum Beispiel aufwändig mit der passenden Beleuchtung in Szene gesetzt werden, da er vorher - wie Ludwig sagte - "wie eine Nachttischlampe" aussah.

Aufwändig inszenierte Schaustücke

In seinen späteren Jahren legte Ludwig den Fokus auf Schaustücke, die das stimmungsvolle Erleben von Fernem und Exotischem möglich machten. Naturphänomene wie Wüstenstürme, rauschende Wasserfälle, opulent gestaltete Palmenhaine und indische Hirsche verzauberten ihn und die wenigen, ausgesuchten Gäste seiner Separatvorstellungen, zu denen neben Richard Wagner auch der junge Schauspieler Josef Kainz zählte. Die Stücke lebten von einer überwältigenden Vielfalt von Lichteffekten und wechselnden Dekorationen, die zusammen mit der Musik alle Sinne ansprachen.

Finanzierung nicht aus dem Staatssäckel

Wie die Königsschlösser wurden die Separatvorstellungen nicht auf Staatskosten, sondern aus Ludwigs eigenen Einkünften, der so genannten "Kabinettskasse", finanziert. In die jedoch rissen sie ein beachtliches Loch, sodass 1885 nur noch drei Vorstellungen stattfanden. Aber auch trotz drohendem Privatkonkurs ließ der König nie ganz von seiner Theaterleidenschaft. Und wie mit seinen prachtvollen Schlossbauten, hat Ludwig auch mit seiner Theaterleidenschaft viel fürs Volk getan, denn die meisten der von ihm mitgestalteten Aufführungen wurden später auch für die Öffentlichkeit inszeniert. Die Qualität der Münchner Aufführungen war auch weit über Bayern hinaus bekannt und Stücke, die sogar von den Theaterleuten in Wien wegen scheinbarer Nicht-Umsetzbarkeit aufgegeben worden waren, konnten dank Ludwigs gestalterischem Ehrgeiz und seiner Durchsetzungskraft bei uns verwirklicht werden.

Kleine Ausstellung mit Kombinationsprogramm in der Residenz

Im Deutschen Theatermuseum in der Galeriestraße 4a kann man nun in einer "Kabinettausstellung" auf kleinem Raum in die Theaterwelt König Ludwigs eintauchen. Unter dem Titel "In meiner Vorstellung. Die Welt der exklusiven Aufführungen von König Ludwig II." ermöglichen bis 30. Juli Schaumodelle, Bühnen- und Kostümentwürfe, Fotografien einzelner Aufführungsmomente und Rollenbilder, die Ludwig prachtvoll herstellen ließ, eine Annäherung an diese königliche Theaterwelt. Immer dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr ist geöffnet.

Besondere Einblicke gewähren die exklusiven Kombi-Führungen in Theatermuseum und Residenzmuseum. Dabei führen die Theaterhistorikerin Anette Spieldiener und Michael Weiser von der "Münchner Schatzsuche" 90 Minuten lang zum Preis von 16,50 Euro durch die Kabinettausstellung im Theatermuseum und zu vier eigens aufgebauten Stationen in ausgewählten Räumen des Residenzmuseums. Durch sie bekommt man auf unterhaltsame Weise Einblicke in die Verflechtungen von Bühne und Leben des Königs, die auch anhand des Interieurs der königlichen Residenz sichtbar werden. Verbindlich anmelden kann man sich unter der E-Mail-Adresse spieldiener@muenchner-schatzsuche.de

Auch für Kinder ist im Rahmen der Ausstellung einiges geboten: Für Schulklassen, Kindergeburtstage und an bestimmten Sonntagen für alle Kinder ab sechs Jahren gibt es Theaterworkshops. Anmeldungen erfolgen an die E-Mail-Adresse buchung@mpz-bayern.de

Allgemeine Informationen zur Ausstellung gibt es auf der Website des Deutschen Theatermuseums unter www.deutschestheatermuseum.de

Marion Habeder

Artikel vom 21.04.2023
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