Die Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Andreas Braveny

Schwabing · "Wendende Zeiten!"

Pfarrer Andreas Braveny wünscht allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Foto: Jakob Piloty/Gustav Glas

Pfarrer Andreas Braveny wünscht allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Foto: Jakob Piloty/Gustav Glas

Schwabing · „Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor“. Das sagte Bundeskanzler Scholz kurz nach dem Angriff Putins auf die Ukraine. Eine Zeitenwende, die Angst macht: Die Wiederkehr der Gewaltherrschaft und der Despoten. Dazu der Klimawandel und die Inflation. Alles dies droht auch die Weihnachtszeit zu verschatten. Zeitenwende: Es gibt Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Etwas Einschneidendes verändert den gewohnten Lauf der Dinge. Was eine Zeitenwende genau bedeutet, lässt sich oft erst rückblickend erkennen. Aber dennoch spürt man sofort: Es ist etwas geschehen, was die Welt und das Leben, auch mein persönliches, grundlegend verändert.

Zeitenwende: Mitte und Wendepunkt unserer Zeitrechnung ist die Geburt Jesu von Nazareth. Noch immer zählen wir die Jahre vor und nach dieser Heiligen Nacht. So geheimnisvoll und doch tröstlich empfanden viele im Rückblick diese Mitte der Zeiten, die jede Lebenszeit einordnet und auch in schwierigen Momenten einen Gesamtsinn erahnen lässt – mitten im eigenen Leben.

„Denn euch ist heute der Heiland geboren!“ Die Weihnachtsgeschichte, wie wir sie alle Jahre wieder hören, ist selber eingebettet in die Geschichte des damals mächtigsten Weltreichs. Zu der Zeit, als Kaiser Augustus herrschte, stellt sie uns mit Maria, Josef und den Hirten Menschen vor Augen, die jenseits der großen Metropolen in einem unbedeutenden Dorf namens Bethlehem Zeugen dieser großen Zeitenwende wurden.

Als der Engel zu den Hirten trat, fürchteten sie sich sehr, heißt es im Weihnachtsevangelium. Denn es brach etwas Unvorstellbares in ihren Alltag ein. Etwas, wofür sie keine Begriffe hatten. Ein Licht in der Nacht, wie sie noch nie eines gesehen hatten. Aber ein Licht, das nicht von dieser Welt ist, das aber auch das Dunkel um sie herum um so spürbarer machte.

Vielleicht verstehen wir an Weihnachten 2022 nichts so gut wie die Angst dieser Hirten. Wir haben erlebt, wie wenig es braucht, dass unsere Welt aus den Fugen gerät. Am Anfang der Heiligen Nacht stehen Angst und Erschütterung, weil diese wie jede Zeitenwende uns spüren lässt: Was da geschieht, betrifft uns alle – ob wir wollen oder nicht.

„Denn euch ist heute der Heiland geboren!“ Mit dieser Botschaft wird eine neue Geschichte eröffnet. Und das Besondere an dieser Geschichte ist: Mit der Geburt Jesu hat sich etwas ereignet, das die Welt nicht einmal, sondern immer wieder verändert. Denn der Heiland ist kein Mächtiger oder Gewaltiger, sondern ein in Windeln gewickeltes, kleines und hilfebedürftiges Kind. Und in diesem Kind zeigt sich die ganze Herrlichkeit Gottes. Das Reich des Kaisers Augustus ist Geschichte. Die Zeitenwende aber, die die Hirten erlebten, wurde zu einem unendlichen Prozess. Denn die Menschwerdung Gottes muss sich in jedem Menschen ereignen, um der Welt ein wahrhaft menschliches Antlitz zu geben: Das Reich der Solidarität und des Friedens auf Augenhöhe von Angesicht zu Angesicht.

In diesem Sinne wünsche ich in wendenden Zeiten ein frohes Weihnachtsfest 2022.

Andreas Braveny
Pfarrer der Erlöserkirche München Schwabing

Artikel vom 23.12.2022
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