Früher gab es viele unterschiedliche Zeiten

Schliersee · Die Zeitumstellung naht

Feine Mechanik wird wieder aufgearbeitet.	Foto: Markus Wasmeier

Feine Mechanik wird wieder aufgearbeitet. Foto: Markus Wasmeier

Schliersee · In Bayern gehen die Uhren anders, so sagt man. Natürlich meint man damit nicht die Uhrzeit, aber auch an der wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag gedreht, allerdings nicht nur in Bayern sondern in ganz Deutschland. Ursprünglich einmal als Energieeinsparmaßnahme gedacht, argumentieren die Befürworter heute eher mit der steigenden Freizeitqualität, wenn es abends länger hell bleibt.

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Aber einfach so an der Uhr drehen, darf man das? Für uns heute ist die über ganz Deutschland einheitliche Zeit eine Selbstverständlichkeit, aber das war nicht immer so. Denn früher hat man sich mehr nach dem Sonnenstand gerichtet, verkürzt gesagt, stand die Sonne an ihrem höchsten Punkt, war es eben Mittag. Und das war logischerweise im Osten Deutschlands früher als im Westen und zwar um etwas über zwanzig Minuten. Überhaupt gab es nur wenige Uhren, etwa an der Kirche oder dem Rathaus. In größeren Städten hatten auch die Türmer, die in der Nacht die Feuerwache hielten Uhren. Und nach diesen öffentlichen Uhren hat man sich gerichtet. So war es durchaus die Folge, dass es an verschiedenen Orten nicht genau zur selben Zeit eine bestimmte Uhrzeit hatte. Das spielte allerdings auch keine besondere Rolle, denn die Arbeit wurde sowieso nach dem Tagesverlauf und nicht nach der Uhr ausgerichtet.

Waren Uhren mit Räderwerk zwar schon im 15. Jahrhundert bekannt, nahmen sie aber erst viel später Einzug in den privaten Haushalt. Weit verbreitet waren etwa erst ab dem 17. Jahrhundert mit Gewichten angetriebene Pendeluhren. Taschenuhren oder kleinere federbetriebene Uhren waren der reichen Oberschicht vorbehalten, was sich erst im 19. Jahrhundert durch industrielle Massenproduktion änderte. Das heißt, der Unterschied in der Zeit von Ort zu Ort, ist somit im Alltag praktisch nicht aufgefallen. Zum einen, weil es wenig Uhren gab, zum anderen, weil die Menschen nicht so mobil waren wie heute. Mit dem Siegeszug der Eisenbahn änderte sich das. Ein Fahrplan war Voraussetzung und somit auch einheitliche Uhrzeiten. Denn durch die unterschiedlichen Ortszeiten war es nötig, dass Reisende bei der Ankunft an einem neuen Bahnhof ihre Taschenuhr zuerst einmal auf die dort gültige Zeit einstellen mussten. Oder es gab mehrere verschiedene Uhren am Bahnhof, die die Uhrzeiten an den nächstmöglichen Zielen zeigten, was nicht wenig verwirrend war. Erst im Jahr 1863 führte Kaiser Wilhelm daraufhin eine einheitliche deutsche Zeitzone ein! Und seitdem gehen die Uhren überall gleich, auch in Bayern.

Wenn Sie auch einen Zeitsprung machen möchten, und zwar um mehr als eine Stunde, dann kann ich Sie einladen, uns einen Besuch in unserem altbayerischen Dorf abzustatten. Denn hier reisen Sie 300 Jahre in die Vergangenheit, ohne Ihrer Uhr umstellen zu müssen.

Übrigens, in unserem Freilichtmuseum ist auch regelmäßig ein Uhrmacher zu Gast. Ihm können Sie über die Schulter blicken, wie er historische Uhren, egal ob groß oder klein wieder in Gang setzt. Und wenn Sie dann die berühmte bayerische Zeitrechnung von Gerhard Polt anwenden wollen, der sagt: »Zeit mal Zeit ist Mahlzeit!«, dann ist unser altbayerisches Wirtshaus »Zum Wofen« genau die richtige Einkehr für Sie. Bei einer deftigen Brotzeit oder mit Liebe zubereiteten bayerischen Schmankerln, gepaart mit einem frisch gezapften Bier aus unserer Museumsbrauerei im Biergarten werden Sie ganz von selbst erfahren, wie der Spruch gemeint ist, dass in Bayern die Uhren anders gehen.

Ich freue mich auf Ihren Besuch!
Ihr Markus Wasmeier

Artikel vom 29.10.2022
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