Ein Blick auf die Ortswappen in der Region München

München Landkreis · Beile, Eulen und Nixen

Bildunterschrift siehe Text-Ende.

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München Landkreis · Eine Stadt und Gemeinde definiert sich nicht nur über ihre Geschichte oder Bauwerke, sondern auch über ihr Wappen. Manchmal jahrhundertealt, manchmal in jüngerer Zeit kreiert, dienen sie zur Identifikation mit dem Ort. In der Region München lassen sich einige ungewöhnliche und kuriose Wappen entdecken – von der Meerjungfrau bis zum umstrittenen "Mohren".

Nur selten zeigen offizielle Wappen eine besondere Sehenswürdigkeit des Ortes, wie die Burg in Grünwald, die Ottosäule in Ottobrunn oder das "Atom-Ei" in Garching – den Forschungsreaktor nahm die Kommune 1967 ins Wappen auf, nachdem er zur überregionalen Bekanntheit der heutigen Universitätsstadt beigetragen hatte. Bauwerke sind auch im Stadtwappen von Dorfen zu sehen, aber keine bestimmten: Drei Häuser symbolisieren das Dorf, das im Namen der Stadt steckt, ungeachtet ihrer heutigen Größe von rund 15.000 Einwohnern.

Weit verbreitet sind Wappen, die Gegenstände zeigen, deren Bedeutungen sich nicht immer sofort erschließen. So liegt Feldkirchen über 500 Kilometer vom Meer weg, präsentiert in seinem Wappen aber eine Muschel. Die Jakobs- oder Pilgermuschel ist ein Attribut des Heiligen Jakobus – dieser ist der Patron der (früher) "auf dem Feld" gelegenen katholischen Pfarrkirche, von der der Ort seinen Namen ableitet. Der Name der Feldkirchner Nachbargemeinde Haar wiederum hat nichts mit Körperbewuchs zu tun, sondern mit einem "Hart", einem lichten Wald. Um Menschen anzusiedeln, mussten Bäume gerodet werden. Daran erinnert das Wappen mit der sprichwörtlichen "Axt im Wald", genau genommen ein goldenes Beil, das zwischen zwei Bäumen schwebt.

Ein Beil ist auch im Wappen der Gemeinde Sankt Wolfgang (Landkreis Erding) zu sehen. Hier erinnert das Werkzeug an den heiligen Wolfgang, einen Regensburger Bischof, der um 975 nach politischen Wirren in das Goldachtal kam. Die Legende besagt, dass Wolfgang sein Beil ins Tal warf – und dieses bei der Landung eine Wasserquelle erweckte. Hier ließ sich der Bischof nieder und legte den Grundstein für den heute nach ihm benannten Ort. Sankt Wolfgang führt aber nicht nur das Beil im Wappen, sondern auch ein Pferd, das aus dem Wappen des Adelgeschlechtes der Fraunberger zum Haag stammt.

Tierische Wappen sind verbreitet – von der Forelle (Gemeinde Glonn) über den Stier (Buch am Buchrain) bis zum Bären (Stadt Grafing) sind die verschiedensten Arten vertreten. Naheliegend ist der Eber, der im Wappen von Stadt und Landkreis Ebersberg, aber auch in Sauerlach auftaucht. Gebräuchlich sind zudem Vögel, zum Beispiel der Falke, den Markt Schwaben und Moosach, beide im Landkreis Ebersberg, im Hoheitszeichen tragen. Angelehnt sind diese an das Wappen der Herrschaft Falkenberg, einen frühen Verwaltungssitz der Wittelsbacher. Die Burg Falkenberg, die nahe Moosach lag, existiert nicht mehr. Weniger bedrohlich als der Falke wirkt die Eule der Gemeinde Planegg: Sie erinnert an die Familie Hörwarth, in deren Besitz sich der Ort einst befand.

Taufkirchen verbannte seinen Löwen

Während nur wenige Orte im Münchner Umland auf Fabelwesen setzen – so tragen die Erdinger Gemeinden Ottenhofen und Wartenberg einen Drachen im Wappen – wird es in Egmating, gelegen im Südwesten des Landkreises Ebersberg, recht skurril: Hier zeigt das Wappen einen schwarzen Wolf, der ein rotes Hirschgeweih im Maul hält. Auch diese Darstellung stammt aus einem Familienwappen, und zwar von jenem der Freiherren von Wolframsdorf, die im 18. Jahrhundert Inhaber der Hofmark Egmating waren. "Das Wappen wurde wegen seiner Originalität ausgewählt", erläutert das Haus der Bayerischen Geschichte.

Ein Wolf mit Geweih im Maul gilt als originell, ein Löwe, der sich ein Schwert ins Maul stößt, geht hingegen zu weit – dachte sich die Gemeinde Taufkirchen bei München und verbannte das Raubtier 2015 aus ihrem offiziellen Design. Homepage und Broschüren zieren seitdem ein unverfängliches Logo mit alter Kirche und modernen Hochhäusern. Der Löwe, der nur noch bei offiziellen Anlässen verwendet wird, stammt aus dem Familienwappen der Taufkirchner. Auch auf der Grabplatte des berühmtesten Mitglieds der Adelsfamilie, Ritter Hilprand, ist er zu sehen. Das Taufkirchner Wappen ist nicht das einzige, das umstritten ist. Die Gemeinden Ismaning, Unterföhring, Pastetten und Wörth tragen den "Mohren" im Wappen: eine klischeehafte Darstellung eines dunkelhäutigen Menschen, die heute viele als rassistisch empfinden.

Befürworter argumentieren, dass der "Mohr" positiv besetzt sei: Er trägt eine Krone und hat als Symbol des Hochstifts Freising eine lange Tradition. Zu den Besitztümern des Freisinger Fürstbischofs zählten die Grafschaft Ismaning, wozu auch Unterföhring gehörte, und die Hofmark Pastetten, in Wörth verfügte der Bischof über Grundbesitz. In Ismaning und Unterföhring gab es angeregte Diskussionen, ob das Wappen noch zeitgemäß sei. Beide Gemeinden entschieden sich dafür, den "Mohr" zu behalten, Unterföhring änderte Namen und Büste seines Kulturpreises.

Der "Mohr" gehört zur kleinen Gruppe von Wappen, auf denen ein menschliches Abbild zu sehen ist. Das bekannteste Beispiel ist das Stadtwappen von München mit dem "Münchner Kindl": einem Mönch, der heute von einer Frau dargestellt wird. Menschenähnlich ist die Meerjungfrau im Wappen von Isen: Der Ort ist nach dem Fluss benannt, die Natur symbolisierten unsere Vorfahren oft durch Fabelwesen. Deutlich moderner ist die "geflügelte Menschengestalt" im Wappen von Neubiberg: Sie "verkörpert die Entwicklung der 1912 gegründeten Gartenstadt zu einem wichtigen Platz für den Luftverkehr", wie das Haus der Bayerischen Geschichte angibt. Eine absolute Rarität sind Wappen, die auf eine bestimmte Person hindeuten, dafür muss man schon in den Landkreis Freising blicken: Das Wappen von Nandlstadt zeigt das bärtige Haupt von Johannes dem Täufer.

Das Wappen von Haar zeigt ein goldenes Beil, das zwischen zwei Bäumen schwebt. Um Menschen anzusiedeln, musste erst der Hart, ein lichter Wald, gerodet werden. Foto: ara (o.l.)

Skurril und einzigartig: Im Wappen von Egmating hält ein schwarzer Wolf ein rotes Hirschgeweih im Maul. Foto: archiv (o.r.)

Garching führt das "Atom-Ei" (unten) im Wappen. Der Forschungsreaktor hat die Kleinstadt überregional bekannt gemacht. Foto: bas (u.r.)

Seit Jahrhunderten gebräuchlich, heute umstritten: der gekrönte "Mohr", den Ismaning, Unterföhring, Pastetten und Wörth im Wappen tragen. Foto: Archiv (u.l.)

Artikel vom 27.08.2022
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