Heimat auf Zeit - Ein Ort für Kinder in Not

100 Jahre Salberghaus

Sieben Wohngruppen finden im Salberghaus Platz. Dort leben Kinder, die zeitweise nicht bei ihren Eltern wohnen können. Foto: Kathrein Verena Hires

Sieben Wohngruppen finden im Salberghaus Platz. Dort leben Kinder, die zeitweise nicht bei ihren Eltern wohnen können. Foto: Kathrein Verena Hires

Putzbrunn/Unterhaching · 100 Jahre Salberghaus, das sind 100 Jahre Geschichte, oder 100-Jahre-Geschichten. Die Geschichte des Salberghauses ist von Anfang an verbunden mit den Geschichten von kleinen Kindern in Not. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite stehen die Geschichten von vielen einzelnen Menschen, die sich mit großer Leidenschaft um diese Kinder gekümmert haben.

Das Säuglingsheim, das 1920 von der katholischen Jugendfürsorge in Unterhaching ins Leben gerufen worden war, wurde für den Bau der Johann-Strauß-Siedlung abgerissen. Die Einrichtung, die bis zu 100 Säuglinge betreuen konnte, zog nach Putzbrunn und baute ein neues Kinderheim, das Salberghaus.

Ein Ort der Zuflucht und des Schutzes

Einrichtungen wie das Salberghaus kommen dann ins Spiel, wenn eine akute Kindswohlgefährdung besteht, der Verdacht auf Missbrauch oder beispielsweise eine psychische Erkrankung der Eltern vorliegt, die die Versorgung der Kinder gefährdet. In all diesen Fällen kann von den zuständigen Behören entschieden werden, das Kind zeitweise aus seiner Familie herauszunehmen. In den sieben Wohngruppen in der Theodor-Heuss-Straße in Putzbrunn leben jeweils bis zu sieben Kinder im Alter von null bis sieben Jahren. Hintergrund für ihre Aufnahme sind (oft chronische) Belastungslagen wie Armut, Krankheit und Beziehungsprobleme in der Familie, die zu einer Überforderung der Eltern führten. Daher haben viele Kinder Vernachlässigung, familiäre Gewalt und Übergriffe erfahren, was eine Trennung von der Herkunftsfamilie nötig machte.

Muss die Entfernung aus der Familie kurzfristig erfolgen, werden die Kinder in den sogenannten Notaufnahmegruppen betreut oder aber von Bereitschaftspflegefamilien. In den Wohngruppen arbeiten nicht nur die jeweiligen Erzieher mit den Kindern, sondern eine ganze Heerschar an Fachkräften wie Fachdienste, Kinderärzte, Jugendämter, Psychologen und andere Fachkräfte Hand in Hand, um möglichst jedem Kind den Start ins Leben zu bieten, den es verdient hat. Ein wichtiger Schwerpunkt ist dabei auch die Arbeit mit den Eltern, das Ziel ist es, die Familie möglichst so zu stärken, dass eine Rückkehr der Kinder in die Ursprungsfamilie ermöglicht wird. Aber nicht nur direkt mit dem Kind arbeiten zahlreiche Fachkräfte, um sein Wohl zu stärken, sondern auch im Hintergrund wird viel geleistet. So werden monatlich rund 240 Kilo Obst und Gemüse zubereitet, 40 Gläser Nutella verputzt, 1,5 Tonnen Wäsche pro Woche gewaschen, und vieles mehr, damit der Alltag in den Wohngruppen funktioniert.

Das Spektrum von über 130 stationären und 33 teilstationären Plätzen umfasst heilpädagogische Gruppen für Kinder im Alter ab drei Jahren, Inobhutnahme-Gruppen für Mädchen und Jungen ab drei Jahren, eine heilpädagogisch-integrative Jugendgruppe für Mädchen und Jungen für diverse Altersstufen, eine intensivpädagogische Gruppe für Mädchen und Jungen ab drei Jahren und eine heilpädagogische Tagesstätte (HPT) mit drei Gruppen für Kinder und Jugendliche. Agnes Gschwendtner, Leiterin des Salberghauses, erklärte zum Jubiläum: "Das Thema kleine Kinder im Heim löst Emotionen aus.

Besucher kommen mit Sorge und Angst vor dem Leid, das sie vor Ort vorzufinden meinen, auch mit Anteilnahme und Betroffenheit für die teilweise schlimmen Erfahrungen, die manche Kinder gemacht haben. Dass es das Salberghaus 100 Jahre lang gibt, zeigt aber vor allem eines: Es braucht diesen Ort, diese sogenannte Übergangseinrichtung. Es braucht diese Zufluchtsstätte für kleine Kinder, die plötzlich keinen guten Platz mehr haben, deren Entwicklung und manchmal sogar deren Überleben bedroht ist. Wir sind da für den Übergang, der mit dem Angebot von Schutz beginnt und im Idealfall Mittlerweile hat sich das Angebot deutlich erweitert, und neben den Wohngruppen gibt es aufsuchende Hilfen, Kindertageseinrichtungen, eine Heilpädagogische Tagesstätte und Bereitschaftspflegefamilien. Die Präsenz der vielen kleinen Kinder, die erst am Anfang ihres Lebens stehen, haben das Salberghaus und seine Einrichtungen schon immer zu einem besonderen Ort gemacht. Die Kinder kommen mit ihrem individuellen Schicksal, mit ihrer eigenen Persönlichkeit und sind gleichzeitig wie alle kleinen Kinder: Sie suchen Kontakt, wollen sich entwickeln, die Welt entdecken.

So war das Salberghaus sicher nie der traurige Ort, den sich so mancher Gast vorgestellt hatte, sondern vielmehr ein Ort, an dem das Leben tobte und zukünftige Erwachsenengenerationen ihre ersten Schritte machten." Das Salberghaus hat im Laufe der Jahrzehnte viele Spender und Sponsoren gefunden, denn die staatlichen Mitteln reichen nicht für alle Wünsche und Bedürfnisse aus, die die Organisatoren und Kinder haben. Wer mehr zur Geschichte des Salberghauses erfahren will, spenden möchte oder sich engagieren kann, findet weitere Infos unter www.salberghaus.de

Artikel vom 07.08.2022
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