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Unterhaching · Führung durch die Kriegersiedlung mit Werner Reindl

Heimatforscher Werner Reindl bietet im Rahmen der Aktivitäten des Gartenbauvereins am 11. Juni eine Führung in der Unterhachinger Kriegersiedlung an. Foto: Privat

Heimatforscher Werner Reindl bietet im Rahmen der Aktivitäten des Gartenbauvereins am 11. Juni eine Führung in der Unterhachinger Kriegersiedlung an. Foto: Privat

Unterhaching · In diesem Jahr feiert die so genannte Kriegersiedlung in Unterhaching ihren 102. Geburtstag. In ihrem eigentlichen Jubiläumsjahr, 2020, waren große Aktivitäten rund um die Siedlung aufgrund der Pandemie leider nicht möglich.

Jetzt bietet der Gartenbauverein mit ihrem ehemaligen Vorsitzenden und Heimatforscher Werner Reindl einen interessanten Vortrag mit Führung an. Dieser findet statt am Samstag, 11. Juni, um 14.00 Uhr. Treffpunkt ist am Pittinger Platz. Der historische Spaziergang mit Werner Reindl führt zu markanten Ortspunkten einer vergangenen Epoche. Der zweistündige Rundgang endet mit einem Informationsaustausch im Pfarrsaal der Kirche St. Alto.

Ein neues Konzept wurde in Unterhaching verwirklicht

Der Sanitätsrat Dr. Otto Pittinger, der im 1. Weltkrieg als Stabsarzt tätig war und das Elend der Soldaten vor Augen hatte, ist der Gründervater der Kriegersiedlung in Unterhaching, die 2020 ihren 100. Geburtstag feierte. Er ließ für die versehrten Soldaten des Ersten Weltkriegs eine Siedlung mit Einfamilien- und Doppelhäusern bauen, die erste seiner Art, wie der Heimatkundler Werner Reindl bei seinen Recherchen herausfand.

Die insgesamt 121 Häuser befinden sich unter anderem rund um den Pittinger Platz (der nach ihren Gründervater benannt wurde), in der Münchner Straße und in der Liebig-Straße. Mit dem Kauf der Immobilie traten die neuen Hausbesitzer auch gleichzeitig in die Heimstättengenossenschaft "Kriegersiedlung Unterhaching" ein. Das Genossenschaftsgebäude, eine wichtige Anlaufstelle für die Siedler in allen Fragen des Alltags, befand sich an der Münchner Straße. Die Genossenschaft half unter anderem bei der Regulierung der Schuldenverhältnisse und förderte die wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Errichtung einer Genossenschaftskasse, den gemeinsamen Einkauf von Lebensmitteln und vielen anderen Vorkehrungen.

Wenig Luxus, aber viel Platz zur Selbstversorgung

Während die Wohnfläche eher bescheiden ausfiel (zwischen 50 und 90 Quadratmeter) waren die Gärten üppig bemessen (rund 900 Quadratmeter. Duschen oder Bäder im heute üblichen Sinne gab es nicht, gebadet wurde stattdessen in einer Zinkbadewanne am Samstagabend, die eigens dazu in der Wohnküche aufgestellt wurde.

Heute mag die Aufteilung des Gartens in einen langen, schmalen Vor- und Hintergarten verwundern, damals war diese Bauweise wohl überlegt. Die Gärten dienten zur Selbstversorgung der Siedler. Dazu war es notwendig, Obst und Gemüse selber zu ziehen, aber auch Kleinviehzucht zu betreiben. Zu den Tieren gehörten Hasen, Hühner, Gänse, Schafe und Ziegen. Damit die Tiere die zarten Pflänzchen nicht fraßen, wurde der Garten zweigeteilt. Den neuen Siedlern wurde ein umfangreiches Regelwerk an die Hand gegeben, denn die meisten von ihnen hatten keine Vor-Erfahrung in Sachen Hausbesitz. Schnell gründeten sich auch entsprechende Vereine wie der Gartenbauverein oder der Kleintierzüchterverein.

Auch wenn man zahlreiche Lebensmittel selbst erzeugte, war Geld Mangelware. Rund um den Pittinger Platz entstanden deshalb zahlreiche kleine Geschäfte, die von den Frauen betrieben wurden, die somit ein kleines Zubrot verdienten. Hier gab es beispielsweise Milchläden, Backwaren oder Haushaltsartikel. "Der Milchladen war zu dieser Zeit täglich geöffnet, denn viele Kinder tranken hauptsächlich Milch, sodass der Bedarf hier sehr groß war", verrät Werner Reindl.

Alle Haushalte bekamen eine 15 Punkte umfassende Hausordnung, die das gemeinsame Leben regeln sollte. So dufte beispielsweise nur vom 1. April bis zum 1. Oktober Musik betrieben werden (und das auch nur bis 22 Uhr), musste jeder den Gehweg vor seinem Haus in Ordnung halten und wurde Wert darauf gelegt, dass sich Vorgarten und Haus nach außen hin immer ordentlich präsentierten. Wer noch mehr über die Kriegersiedlung und das damalige Leben erfahren möchte, dem sei Werner Reindls Buch über die Geschichte der verschiedenen Siedlungen in Unterhaching (Unterhaching Erinnerung an die Siedler) anempfohlen.

Artikel vom 08.06.2022
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