Verlegung der ersten beiden Stolpersteine in Erding am 8. März

Erding · Gedenken an Opfer des NS-Regimes

Erding gedenkt der Toten: Verlegung von Stolpersteinen durch Gunter Demnig. Foto: Karin Richert

Erding gedenkt der Toten: Verlegung von Stolpersteinen durch Gunter Demnig. Foto: Karin Richert

Erding · Vielen Menschen sind sie aus anderen Städten längst bekannt: mit Inschriften versehene Messingplatten im Format kleiner Pflastersteine, verlegt z. B. in Gehsteigen vor Wohn- oder Geschäftshäusern, vor öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Synagogen, aber z. T. auch auf privatem Grund.

In den frühen 1990er Jahren schuf der Künstler Gunter Demnig diese sog. Stolpersteine als Erinnerungs- und Mahnzeichen. Jeder Stein trägt den Namen eines einzelnen, durch den Nationalsozialismus verfolgten oder ermordeten Menschen, dazu kurze Angaben zu Biografie und persönlichem Schicksal. Sinnbildlich stehen die zahlreichen verlegten Stolpersteine aber auch für die vielen Millionen Opfer des NS-Regimes: Juden; Sinti und Roma; politische Gegner; Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer Hautfarbe verfolgt wurden;

Menschen mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung; Zwangsarbeiter; Deserteure; Widerstandskämpfer; als „asozial“ Verfolgte oder Berufsverbrecher. Laut Auskunft der Stiftung Stolpersteine konnte Gunter Demnig etwa 90.000 Stolpersteine in fast allen europäischen und auch einigen außereuropäischen Ländern verlegen. Somit hat sich das Kunstprojekt zum weltweit größten, dezentralen Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus entwickelt.

Vor Ort werden die Biografien und Schicksale oftmals von geschichtsinteressierten Bürgerinnen und Bürgern ehrenamtlich recherchiert. So haben die Mitglieder des Arbeitskreises „Erding erinnert“ zu zwei jüdischen Geschwistern geforscht, für die am 8. März 2022 die ersten beiden Stolpersteine in Erding verlegt werden:

Sophie Buchmann (geborene Einstein) und Leopold Einstein wurden 1879 bzw. 1880 in Erding geboren. Ihre Eltern waren aus Fellheim, Landkreis Unterallgäu, zugezogen. Zur Zeit der Geburt der beiden Kinder wohnten sie in der Langen Zeile – in einem Haus, das später abgerissen und 1891 durch den Neubau der heutigen Stadtapotheke ersetzt wurde. Die Familie Einstein verzog noch vor dem Ersten Weltkrieg nach Nürnberg, wo Sophie 1913 heiratete und ihre Mutter 1914 verstarb.

Ihren Bruder Leopold internierte man nach der Reichspogromnacht 1938 für kurze Zeit im KZ Dachau. Am 10. September 1942 wurde er von Nürnberg aus in das Ghetto Theresienstadt (heute Tschechien) deportiert, wo er am 18. Juli 1943 starb. Sophie Buchmann, ihr jüdischer Ehemann und ein gemeinsamer Sohn wurden am 24. März 1942 von Nürnberg aus in das Ghetto Izbica (heute Polen) deportiert. Dort verstarb Sophie, die Todesumstände und das genaue Todesdatum sind unbekannt. Rückwirkend trug man den Tag des Kriegsendes, 8. Mai 1945, als offiziellen Todestag ein.

So erinnern fortan zwei Stolpersteine auf dem Gehweg vor dem Haus Lange Zeile 4 in Erding an das Schicksal der in Erding geborenen Sophie Buchmann und Leopold Einstein. Für die beiden Geschwister und auch für Sophies Ehemann und ihren Sohn gibt es bislang noch keine Stolpersteine – auch nicht an ihrem letzten Wohnort in Nürnberg.

Unterstützt wurde der Arbeitskreis „Erding erinnert“ durch Oberbürgermeister Max Gotz, den Erdinger Stadtrat und den Historischen Verein Erding e. V. Die Finanzierung der beiden Stolpersteine übernahm die Stadt Erding. Weitere Stolpersteine im Stadtgebiet sowie im Landkreis sollen in den nächsten Jahren – ggf. als Schulprojekte – folgen.

Folgende Mitglieder des Arbeitskreises „Erding erinnert“ haben an der Stolperstein-Verlegung mitgewirkt: Elisabeth Boxberger, Katharina Heidner, Matthias Keßler, Giulio Salvati, Dr. Heike Schmidt-Kronseder, Schorsch Wiesmaier.

Die beiden Termine:

Montag, 7. März, Öffentlicher Vortrag von Gunter Demnig: „Das Kunstprojekt Stolpersteine“, Einlass ab 18 Uhr, Beginn Vortrag 19.30 Uhr, im Festsaal des Erdinger Weißbräu, Erding. Veranstalter: Historischer Verein Erding e. V. Getränke- und Speisenverzehr vor oder nach dem Vortrag möglich, aus Rücksicht auf den Referenten jedoch bitte kein Speisenverzehr während des Vortrags. Es gelten die jeweils aktuellen Corona-Regelungen.

Dienstag, 8. März, 9 Uhr vor dem Haus Lange Zeile 4 (Stadtapotheke), Erding: Öffentliche Verlegung der Stolpersteine durch Gunter Demnig, Grußworte von Oberbürgermeister Max Gotz, Moderation durch Mitglieder des Arbeitskreises „Erding erinnert“. Musikalische Begleitung: Schulchor des Korbinian-Aigner-Gymnasiums, Erding, unter Leitung von Markus Nißl.

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Artikel vom 01.03.2022
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