Maxvorstadt · Neue nervendaufreibende Motive auf der Kunstinsel

Maxvorstadt · Am Billboard auf der Kunstinsel am Lenbachplatz ist seit Dienstag, das neue Motiv „Please Scream Inside Your Heart“ von Paul Hiller zu sehen. „Please Scream Inside Your Heart“, so wird es aktuell in japanischen Vergnügungsparks empfohlen, wenn man eine Achterbahn oder ein anderes nervenaufreibendes Fahrgeschäft betritt. Freude mit Vorsicht, Spaß trotz Gefahr; im Grunde ein kontrollierter Adrenalinkick.

Mit dieser etwas skurrilen Anleitung im Hinterkopf können Passanten das Billboard nun betrachten und sich die Frage stellen, ob dies überhaupt möglich ist. Dabei vielleicht insgeheim einen kleinen Schrei vor Angst tief in das eigene Herz lassen, ohne dass es jemand mitbekommt. Denn sie sehen eine vollbesetzte Achterbahn auf der höchsten Spitze des Rundkurses kurz vor dem Rausch in die Tiefe des Abgrunds.

Das andere Motiv zeigt einen Passagier in einer Gondel in schwindelerregender Höhe. Die überdimensionale Größe der Fotos sowie deren erhöhte Lage über den Köpfen der Menschen versetzen die Betrachtenden in eine fast reale Situation und rufen dabei die Gefühle Sehnsucht und Angst hervor. Man kann von diesem Anblick ins Schwärmen geraten oder Alpträume bekommen. Beim Betrachten steigt die Aufregung und ein mulmiges Gefühl im Magen.

Schon von unten denkt man: Kann hier etwas Schlimmes passieren? Werde ich lauthals losschreien müssen, sobald ich selbst in die Tiefe stürze? Kann ich diesen Schrei überhaupt unterdrücken? Wäre es nicht die natürliche Schutzreaktion meines Körpers? Gehört der laute Schrei in einer Achterbahn nicht sogar zum Nervenkitzel und zum Erlebnis Vergnügungspark dazu?

Die zwei Fotos Hillers „Abyss“ (Nagoya, 2019) und „Parachute“ (Tokyo, 2018) sind in Japan mit einer 6x6 Kamera und einem Normalbrennweiten-Objektiv entstanden. Die Kunstinsel am Lenbachplatz wird im Rahmen von Kunst im öffentlichen Raum – ein Programm des Kulturreferats der Landeshauptstadt München bespielt und kuratiert. Auf einer großen Tafel werden alle drei Monate wechselnde Motive von Künstler*innen gezeigt.

Artikel vom 15.02.2022
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