Stadt erklärt: »Keine Funkpause in Sicht«/ Frust auf Bürgerversammlung

Zeitbombe Mobilfunk

Heiße Diskussionen rund um die Schwabinger Mobilfunkmasten: u.a. Anne Dehaus vom Bundesamt für Strahlenschutz und BA-Chef Walter Klein.	Text: rme;  Fotos: rme & ds

Heiße Diskussionen rund um die Schwabinger Mobilfunkmasten: u.a. Anne Dehaus vom Bundesamt für Strahlenschutz und BA-Chef Walter Klein. Text: rme; Fotos: rme & ds

Schwabing-West· Die Stimmung im Gemeindesaal der Schwabinger Kreuzkirche ist »elektrisch geladen«.

So geladen, dass ein »Funke« genügt, um im Publikum einen Feuersturm der Entrüstung zu entfachen. Den »Funken« wirft Anne Dehaus vom Bundesamt für Strahlenschutz in die zahlreich versammelte Bürgerschaft, die der Einladung des BA Schwabing-West gefolgt ist. Sie erklärt: »Über gesundheitliche Risiken von Mobilfunkantennen gibt es bisher keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse. Forschung braucht eben Zeit.«

Aber noch mehr Zeit wollen die Bürgerinnen und Bürger nicht verstreichen lassen. Viele Schwabinger, die in der Nähe von Sendemasten wohnen, klagen bereits über Schlaf- oder Herzrhythmusstörungen, Kopfweh und Schwindel. Eine 80jährige Dame trägt sich sogar mit dem Gedanken, umzuziehen. Sie wohnt schräg gegenüber der Sendeanlage an der Ecke Hiltensperger-/ Kreuslinstraße und fürchtet negative Auswirkungen auf ihren Herzschrittmacher. Eine andere Frau bietet sich als Testperson für die Wissenschaft an: Sie könne anhand ihrer Beschwerden mit verbundenen Augen erkennen, wo Mobilfunkantennen aufgestellt seien.

»Habt Geduld«, ist also das letzte, was man in Schwabing, einem der dicht besiedelten Stadtteile Münchens, hören will. Denn jeder weitere Monat bringt ja auch weitere Mobilfunkanlagen. Insgesamt 770 Sendemasten sind derzeit im Stadtgebiet in Betrieb, 29 davon im Bezirk Schwabing-West, wie Matthias Sinn von der städtischen Emissionsschutzbehörde berichtet. Außerdem seien in diesem Stadtteil bereits 5 UMTS-Sendeanlagen installiert, aber noch nicht in Betrieb genommen.

Die Bürger können sich zwar im Internet über die Standorte der Anlagen informieren, aber dagegen unternehmen können sie nichts. Weder vorab noch hinterher. »Das ist eine privatrechtliche Angelegenheit, die Betreiber und Hausbesitzer miteinander klären müssen«, betont Sinn. »Die Stadt kann nicht entscheiden, wo ein Mast hinkommt und wo nicht.« Es sei schon ein »Entgegenkommen«, dass die Betreiber sich bereit erklärt hätten, die Stadt im Vorfeld über geplante Standorte von Anlagen zu informieren. Doch den Bürgern nützt das herzlich wenig.

Sie erhalten vom Umweltreferat nämlich keine Auskunft darüber, wo diese sogenannten »Suchkreise« liegen. Das sei nicht nur aus Gründen des Datenschutzes, sondern auch wettbewerbsrechtlich unzulässig, stellt Sinn unmissverständlich klar. Den Unmut über die Sendemasten kann er ohnehin nicht ganz nachvollziehen: »Schließlich werden in München täglich rund 13 Mio. Handy-Gespräche geführt.

Das ist doch ein ganz klares Votum pro Mobilfunk!« Die Gegner sehen das anders. »Persönliche Vorsorge« (z.B. durch Handy-Boykott), wie sie Anne Dehaus den Schwabingern ans Herz legt, ist ihnen nicht genug. Sie fordern von der Stadt mehr Information und eine Einmischung der Politik in die Aufstellungsverfahren von Sendemasten. Vorsorge mag ja gut sein – aber Kontrolle wäre noch viel besser!

Informationen der Stadt (Standorte von Antennen, Stadtratsbeschlüsse zum Thema Mobilfunk) unter www.muenchen.de, der Bürgerinitiative »Funkpause« unter www.funkpause.de

Artikel vom 13.06.2002
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...