Hier sind Richter und Täter gleich jung

Münchens Schülerrichter übernehmen etwa 100 Fälle im Jahr

Schülerrichter mit Bayerns Justizminister Georg Eisenreich am Erasmus-Grasser-Gymnasium. Foto: StMJ

Schülerrichter mit Bayerns Justizminister Georg Eisenreich am Erasmus-Grasser-Gymnasium. Foto: StMJ

München · Handy geklaut, Mofa frisiert, Graffiti-Schmierereien: Die Fälle sind echt, aber die 41 neuen Münchner Richterinnen und Richter sind so jung wie die Beschuldigten. Justizminister Georg Eisenreich stellte das bayernweit zwölfte Schülergericht im Erasmus-Grasser-Gymnasium München vor. Nach Aschaffenburg, Ingolstadt, Ansbach, Memmingen, Augsburg, Landshut, Dillingen, Neu-Ulm, Passau, Regensburg und Deggendorf wurde der Munich Teen Court eröffnet.

"Schülergerichte sind ein bayerisches Erfolgsmodell. Seit mehr als 20 Jahren ermöglichen wir zusammen mit den jungen Menschen, dass ein Dialog auf Augenhöhe stattfinden und gemeinsam eine Sanktion erarbeitet werden kann", erklärte Georg Eisenreich. "Der Munich Teen Court soll im Jahr etwa 100 Fälle behandeln."

Wie funktioniert das Schülergericht?

Seit November 2020 kann die Staatsanwaltschaft München I geeignete Jugendsachen an die Schülergerichte weitergeben (schwere Straftaten sind ausgenommen). Bei diesen Straftaten handelt es sich meist um typische Jugend-Delikte wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigung oder Körperverletzung. Verhandelt wird nicht im Gerichtssaal, sondern am runden Tisch. Dort stellen sich junge Straftäter einem Gremium aus drei Schülerrichtern in Begleitung von Sozialpädagogen. "Sie arbeiten die Tat in einem intensiven Gespräch gemeinsam auf; vor allem Hintergründe, Motive und Folgen der Tat werden beleuchtet. Auf Augenhöhe wird eine erzieherische Maßnahme als Reaktion auf die Straftat erarbeitet. Damit erreichen wir eine höhere Akzeptanz", beschreibt Georg Eisenreich das Verfahren. Auch für die Schülerrichter sei das Projekt ein Gewinn: "Die Schülerrichter übernehmen Verantwortung und setzen sich für die Durchsetzung des Rechts ein. Ihre Erfahrungen geben sie an ihre Mitschüler weiter. Das stärkt unseren Rechtsstaat über das Projekt hinaus."

Statt eines Urteils vereinbaren die jungen Richterinnen und Richter mit dem Täter eine erzieherische Maßnahme, z.B. Arbeitsleistung, Handy-Entzug, Aufsatz oder Referat. Die Schülerrichter wachen über das Einhalten der Maßnahmen. Danach stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Regel ein. Sie kann aber auch Anklage erheben - beispielsweise wenn die Auflagen nicht erfüllt worden sind.

Weiter ausbauen

Bei der Vorstellung des Teen Courts in München waren auch drei Vertreterinnen der "Brücke e.V." anwesend. Die Institution der Jugendhilfe führt das Projekt federführend durch und gab ihm auch den Namen "Local Voices – The Munich Teen Court".

"Mir liegt persönlich sehr viel daran, dieses wichtige Projekt weiter auszubauen", unterstrich Eisenreich. Ich danke allen, die das Schülergericht München möglich gemacht haben – allen voran dem Leitenden Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst, dem Verein 'Brücke', Dr. Sonja Orel, der Projektkoordinatorin bei der Staatsanwaltschaft München I und dem Schulleiter Alexander Schröder stellvertretend für alle beteiligten Schulen. Allen Schülerrichterinnen und Schülerrichtern wünsche ich viel Erfolg für ihre Arbeit und – noch wichtiger – stets ausgewogene Entscheidungen."

Artikel vom 19.07.2021
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