Kirchheim wird grün

Kirchheim · Wie die Gemeinde von der Landesgartenschau profitiert

Fünf Sphären wird es bei der Landesgartenschau geben, "Wildnis" ist eine davon. Dafür wird ein schon vorhandenes Waldstück auf Vordermann gebracht. Foto: bs

Fünf Sphären wird es bei der Landesgartenschau geben, "Wildnis" ist eine davon. Dafür wird ein schon vorhandenes Waldstück auf Vordermann gebracht. Foto: bs

Kirchheim · Im Jahr 2024 wird ganz Bayern nach Kirchheim blicken: Dann richtet die Gemeinde im östlichen Landkreis München die Landesgartenschau aus. Das Motto "Zusammen.Wachsen" bezieht sich längst nicht nur auf Bäume und Blumen.

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Bayerische Landesgartenschau 2024 ist in Kirchheim
Kirchheim hat den Zuschlag für die Landesgartenschau 2024 bekommen

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Rosenheim, Bamberg, Bayreuth, Würzburg, aktuell Ingolstadt und Lindau: Wer die Standorte der bisherigen Bayerischen Landesgartenschauen durchgeht, findet viele bekannte Städte. In drei Jahren wird sich auch Kirchheim bei München in diesen illustren Kreis einreihen. Mit ihren fast 13.000 Einwohnern ist die Kommune im Vergleich zu den erwähnten Gastgebern recht klein, aber immerhin gut doppelt so groß wie das mittelfränkische Wassertrüdingen, das die Landesgartenschau 2019 ausrichtete. Dass sich eine Gemeinde wie Kirchheim für ein derartiges Großprojekt bewirbt – und dann auch den Zuschlag erhält – ist trotzdem nicht alltäglich.

Baustellenführung in Kirchheim
Artikel vom 02.05.2022: Mehr Platz für Senioren

Allerdings ist Kirchheim auch keine Gemeinde wie jede andere. Das fängt damit an, dass sie im Gegensatz zu den Nachbarkommunen wie Poing, Aschheim oder Feldkirchen aus zwei ungefähr gleich großen Orten besteht: Kirchheim im Norden, Heimstetten im Süden. Im Zuge der bayerischen Gebietsreform Ende der 1970er-Jahre vereinigt, gab Kirchheim der Gemeinde den Namen und das Rathaus, Heimstetten die S-Bahn. Zwischen den beiden einst eigenständigen Dörfern liegt viel freie Fläche – bis jetzt.

Politisch und gesellschaftlich sind Kirchheim und Heimstetten mehr oder weniger zusammengewachsen, geographisch noch nicht. Das wird sich ändern: Jahrzehntelang diskutierte der Gemeinderat über eine neue Ortsmitte, im September 2017 gab es dann beim Bürgerentscheid ein klares "Ja" für "Kirchheim 2030". Das bis Ende des Jahrzehnts angelegte Großbauprojekt umfasst auf 486.600 Quadratmetern Fläche einen Ortspark mit ausgedehnten Grünflächen sowie Eigentums- und Mietwohnungen, Kitas, den Neubau des Gymnasiums und ein neues, zentral gelegenes Rathaus mit Bürgersaal und Bücherei.

Die Landesgartenschau 2024 gibt es quasi obendrauf. Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) sieht sie als "Gelegenheit, eine besonders hochwertige Gestaltung des Parks umzusetzen und diesen auch durch das gemeinschaftliche, verbindende Erlebnis im gesellschaftlichen Gedächtnis der Gemeinde zu verankern", wie er auf der offiziellen Homepage www.kirchheim2030.de schreibt.

Während im Nordwesten des Gebiets schon Wohnhäuser hochgezogen werden, gibt es auf dem restlichen Grund noch viel Freiraum. Bauzäune, Kiesflächen und Erdhügel prägen aktuell das Bild. Es braucht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass Kirchheim hier in drei Jahren Gäste aus nah und fern zur Landesgartenschau begrüßen möchte. Vom 15. Mai bis 6. Oktober 2024 soll die Schau unter dem Motto "Zusammen.Wachsen" ein deutliches Zeichen setzen, "wie sich Stadtentwicklung und die Schaffung von neuem Grün wunderbar miteinander verbinden lassen" – so formuliert es die Kirchheim 2024 GmbH.

Meistens finden Landesgartenschauen in Gebieten statt, die besonders entwickelt und gefördert werden sollen, etwa 2008 in Neu-Ulm oder 2018 in Würzburg auf früheren Kasernenarealen. Die aktuell laufende Bayerische Landesgartenschau in Ingolstadt erstreckt sich auf einer ehemaligen Landwirtschaftsfläche, nebenan liegen die Audi-Werke und ein Einkaufszentrum. In Kirchheim ist das anders: Auf den Flächen der künftigen Landesgartenschau waren weder Militär noch Industrie angesiedelt – es ist im Gegenteil viel Natur vorhanden. Die Planungen sehen vor, auf der mehr als zehn Hektar großen Grünfläche zwischen Kirchheim und Heimstetten fünf Sphären entstehen zu lassen: Wasser, Wildnis, Wiese, Wald und Garten.

Wildnis bleibt, See kommt

"Wasser" wird durch einen neu zu schaffenden, grundwassergespeisten Parksee abgedeckt, der allerdings kein Badesee sein wird. "Wildnis" ist dagegen schon viel da. In einem kleinen Waldstück, westlich des geplanten neuen Rathauses, haben Anfang Februar vorbereitende Maßnahmen für die Landesgartenschau begonnen. Über die Jahre durch Trampelpfade erschlossen, diente das Wäldchen als illegale Abladefläche für Müll aller Art, von der zerbrochenen Flasche bis zur Waschmaschine. Zur Landesgartenschau soll die „Wildnis“ vorzeigbar und, größtenteils barrierfrei, begehbar gemacht werden. Einzelne Bäume mussten dafür gefällt werden. Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen bleiben erhalten.

Seit Ende April laufen auf dem Gartenschaugelände die Erdarbeiten. Wegen der in Kirchheim und Umgebung obligatorischen archäologischen Untersuchungen musste zunächst der komplette Oberboden abgetragen werden. 2019 hatten Archäologen unter dem angrenzenden Baufeld des neuen Gymnasiums eine über 2000 Jahre alte keltische Siedlung freigelegt, die mit rund 80 Häusern wohl eine der größten Siedlungen dieser Zeit in Süddeutschland war. Im Sommer 2020 förderten Grabungen einen römischen Brunnen zutage, dessen Holz in fünf Metern Tiefe über 1500 Jahre erhalten geblieben war.

Der Spatenstich für die Landesgartenschau, also der offizielle Beginn der ersten Baumaßnahme, ist für September 2021 geplant. Der Parksee wird, nach dem Rückbau der jetzt noch das Areal durchquerenden Hauptstraße, ab Frühjahr 2022 ausgehoben, im Sommer 2023 dann mit Grundwasser befüllt. Am 15. Mai 2024 soll die erste Landesgartenschau im Landkreis München eröffnen. Für die 145 Tage Laufzeit planen die Veranstalter ein umfangreiches Programm für alle Altersklassen und Interessensgruppen.

Von der Landesgartenschau sollen nicht nur Gewerbe, Gastronomie und Tourismus in Kirchheim profitieren, sondern alle Bürger – der grüne Ortspark samt See, Fuß- und Radweg und einem thematisch an die Kelten erinnernden Kinderspielplatz bleibt schließlich auch nach der Großveranstaltung erhalten. Die Besucher aus nah und fern wiederum können sich am üppigen Grün erfreuen – und Ortsentwicklung live miterleben.
Von Benjamin Schuldt

Eindrücke erhalten
Die Kirchheim 2024 GmbH bietet kostenlose Führungen über das Gelände der Landesgartenschau an. Die nächsten Termine sind am Freitag, 16. Juli, 10 Uhr, und Freitag, 20. August, 11 Uhr. Die Anmeldung erfolgt per Mail an info@lgs2024.de , mit Angabe des Namens, der Telefonnummer und der teilnehmenden Personenzahl. Weitere Informationen zur Landesgartenschau finden sich unter kirchheim2024.de

Artikel vom 27.06.2021
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