Bauen statt Umweltschutz

Trudering · Grünfläche in der Fauststraße 90 wird Wohnbauland

Die Grünfläche in der Fauststraße 90 in Trudering im Landschafts- und Wasserschutzgebiet wird Bauland. Foto: ar

Die Grünfläche in der Fauststraße 90 in Trudering im Landschafts- und Wasserschutzgebiet wird Bauland. Foto: ar

Trudering · Mit der Mehrheit der Stimmen von SPD und CSU billigte die Vollversammlung des Stadtrats die Änderung des Flächennutzungsplans für die Grünfläche im Landschafts- und Wasserschutzgebiet an der Truderinger Fauststraße 90 vergangene Woche. Grüne, Linke, Bayernpartei, ÖDP/FW/München-Liste stimmten dagegen. Beide Volksparteien sowie die FDP hatten bereits im Planungsausschuss dem Bebauungsplan zugestimmt.

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Somit wird aus der bisher für Sport und Freizeit ausgewiesenem Grünfläche Wohnbauland. "Der Immobilieninvestor Optima Ägidius, der das Grundstück 2012 kaufte, kann sich freuen, denn nun steigt der Grundstückswert rapide um das 20fache und auf dem knapp 1 Hektar großen Grundstück könnten die geplanten sieben mehrgeschossigen Wohnblocks mit 80 Wohnungen und über 100 Tiefgaragen für etwa 200 Neubürger entstehen", so die Bürgerinitiative Fauststraße 90, die sich seit Jahren für den Erhalt der Grünfläche an der Fauststraße 90 sowie für den Landschaftsschutz einsetzen (wir berichteten).

Allerdings ist diese politische Entscheidung höchst umstritten. Denn allen ist bekannt, dass es sich um ein Grundstück in ökologisch sensibler Lage mit Funktionen für Klima- und Artenschutz handelt. Das Planungsreferat hatte auch deshalb jahrzehntelang von einer Wohnbebauung konsequent abgeraten. Bauanfragen wie die des Ex-FDP-Stadtrats Dr. Michael Mattar von 2013 lehnte das Referat ebenfalls ab und empfahl die Entwicklung zur Grünfläche. Doch nach der Wahl Dieter Reiters (SPD) zum Oberbürgermeister beauftragten die SPD und die CSU im Juni 2014 das Planungsreferat mit der Einleitung der Bauplanung.

Der BUND Naturschutz und andere Experten waren schockiert und forderten den Schutz der umfänglichen klimatischen Funktionen und warnten vor den umweltzerstörerischen Folgen einer Bebauung, die auch das Landschaftsbild nachhaltig beschädigen würde. Befürchtet werden gravierende Mehrbelastungen für Mensch und Tier durch einen massiven Anstieg des Straßenverkehrs sowie durch deutlich höhere Lärm- und Lichtemissionen. Umso bedenklicher die jetzige Zustimmung, wo doch eine Stadtratsmehrheit mit der SPD an der Spitze 2019 wegen heißer werdender Sommertage den Klimanotstand ausgerufen hat.

Weit entspannter wäre die Situation bei einer Aktivierung der Freizeitanlage. Doch daran sei der Investor nie interessiert gewesen, weshalb die umzäunte Anlage geschlossen blieb, berichtet die Bürgerinitiative weiter. Zudem bezweifeln Stadtplaner und einige Kommunalpolitiker, dass hier nennenswert preisgünstiger Wohnraum entsteht. Vor allem wird das städtebauliche Erfordernis in Frage gestellt. Denn ein Wohnquartier im Landschaftsschutzgebiet am Bannwald zu bauen, wo doch in unmittelbarer Nähe, aber außerhalb des Schutzgebiets, weit über 1.300 Wohnungen entstehen, ist kaum zu begründen. Zudem würde ein Präzedenzfall geschaffen, der Begehrlichkeiten weckt für den Bau in Münchner Schutzgebieten und im Umland.

Auch die örtliche Bürgerinitiative weist seit Jahren auf irreparable Umweltschäden hin, die die geplante Bebauung im Landschaftsschutzgebiet verursachen würde. Sie werfen dem Oberbürgermeister sowie den Mandatsträgern der SPD und der CSU im örtlichen Bezirksausschuss und im Stadtrat vor, Entscheidungen der Bürgerversammlung und belegbare Tatsachen zu missachten und zu leugnen und kein Interesse zu haben an der Aufklärung etlicher Ungereimtheiten und Beschönigungen im Aufstellungsbeschluss und im Planungsablauf.

Auch das Planungsreferat wich konkreten Fragen selbst aus dem Stadtrat aus und sei „alles andere als kooperativ und bürgernah“ in Erscheinung getreten. "So werden Gutachten genannt, die trotz mehrfacher Anforderung nie vorgelegt wurden. Auch die illegale Heckenrodung sei erst auf Drängen der Bürgerinitiative geahndet worden und die vorgelegte Versiegelungsbilanz beinhalte neu entdeckte Schwarzbauten und kuriose Flächendaten, die ganz erheblich von amtlichen Parametern abwichen. Somit diene sie einzig dem Zweck, die aktuelle Versiegelung in die Höhe zu treiben und lediglich auf dem Papier Vorgaben zur Verringerung der aktuellen Versiegelung zu erfüllen", erläutert die Bürgerinitiative weiter.

Zunächst wird die Bürgerinitiative am Einspruchsverfahren teilnehmen und Juristen und Fachleute aus Planung und Naturschutz hinzuziehen. Weitere Schritte werden momentan geprüft, so die Bürgerinitiative abschließend.

Artikel vom 10.03.2021
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