Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Rainer Maria Schießler

München-Ebersberg-Erding · Das Fest der Liebe

Trotz aller Corona-Sorgen sollte auch heuer das Geheimnis der Weihnacht im Mittelpunkt stehen, sagt Pfarrer Rainer Maria Schießler. Foto: privat

Trotz aller Corona-Sorgen sollte auch heuer das Geheimnis der Weihnacht im Mittelpunkt stehen, sagt Pfarrer Rainer Maria Schießler. Foto: privat

München-Ebersberg-Erding · Ein Stern leuchtet auf – ein Kind wird geboren. In der alten Zeit waren dies eindeutige Zeichen für eine ganz sicher eintretende Zeitenwende, eine neue Epoche in der Weltgeschichte. Beides war Anlass zu Freude und Dankbarkeit!

Der Stern ist nicht einfach ein astronomisches Gebilde. Er ist der Stern der über uns aufgegangenen Liebe, die alles überstrahlt, wie ein Stern ganz hoch droben am Firmament. Es geht um die alternativlose Liebe Gottes zu uns Menschen, um eine Liebe, die wir Menschen gar nicht genug beschreiben können.

Bislang erlebten die Menschen Gott immer zweiseitig: mal gütig und hilfreich, dann wieder gerecht und furchtbar. Das Weihnachtsgeschehen verkündet ein vollkommen neues alternatives Gottesbild: nicht ein Gott, der einmal liebt und dann wieder droht, sondern ein Gott, der bedingungslos liebt. Der menschliche Geist kann dies nicht erfassen, er braucht Bilder dazu, so wie sie uns die Weihnachtsgeschichte liefert: ein wehrloses Kind, ein schutzloses Menschenpaar, Menschen wie Hirten und Könige, die auf der Suche sind.

Wir dürfen aber nicht bei den Bildern stehen bleiben, wollen wir diese Liebe Gottes wirklich begreifen lernen. Das ist nicht leicht, da wir in einer Erfahrungswelt leben, die so zerbrechlich, so gefährdet und immer noch so stark von Liebesunfähigkeit geprägt sein kann. Die langen Monate der nun hinter uns liegenden Coronapandemie haben uns das deutlich gezeigt. Ja, wir Menschen können und erreichen sehr viel, um uns und anderen eine bessere Zukunft zu erschaffen, neue technische Errungenschaften zu entwickeln – hoffentlich einen wirksamen Impfstoff für alle – und vor allem um zu mehr Mitmenschlichkeit zu gelangen.

Aber haben wir wirklich gelernt zu lieben - und auch geliebt zu werden?

Denn auch das bedeutet Weihnachten: Lernen, von Gott geliebt zu werden! Das ist alles andere als selbstverständlich. Weihnachten nimmt uns in die Schule, um seine Liebe an uns heranzulassen, so wie man ganz vorsichtig ein kleines Kind auf den Arm nimmt und ans Herz drückt. „In deine Lieb´ versenken will ich mich ganz hinab“, heißt es in einem alten Weihnachtslied. Die Menschen früher haben es auch schon gewusst, worauf es ankommt: Liebe ist und bleibt ein Lernprozess.

Wir sind Schüler der Liebe Gottes, machen heute einen Schritt nach vorne und gleichzeitig über uns und unsere Welt hinaus, in der es immer noch so viel Lieblosigkeit gibt. Wir meinen schnell zu wissen, worum es in der Liebe geht und wir sie meistern können, aber das ist ein Trugschluss. Weihnachten verkündet ganz geheimnisvoll den Lernprozess der Liebe: Nicht wir lieben, Gott liebt uns zuerst.

Damit dieser Lernprozess gelingt, sollen wir uns auf keinen Fall so benehmen wie andere, abstoßende Gestalten in dieser Weihnachtsgeschichte: Ein König Herodes, der keinerlei Konkurrenz zu seiner Macht dulden wollte und dafür nicht vor Mord und Totschlag zurückschreckte. Die gebildeten Theologen und Schriftgelehrten, die eigentlich aus ihrem Wissen um die Liebe Gottes nach Bethlehem aufbrechen hätten müssen, um dem Neugeborenen zu huldigen. Ihr Wissen aber bleibt steril und fruchtlos; sie verharren in einer Welt der Diktatur und der Angst. Ganz Jerusalem, heißt es, erschrickt wegen der Geburt des Kindes. Furcht und Angst werden immer wieder auf die Massen übertragen - bis in unsere Zeiten!

Weihnachten ruft es deutlich aus: Benehmt Euch nicht wie diese Menschen, die zwar viel wissen und doch nichts tun! Zieht Konsequenzen aus Eurem Wissen! Findet zueinander, so wie Gott Euch in diesem Kind findet! Lernt voneinander, gebt jedem anderen etwas von seinem Besitz weiter, so wie dieses Kind auch von seinen Menscheneltern lernen wird. Haltet Rücksicht, respektiert einander! So kann Frieden in dieser Welt einziehen. In unseren Herzen liegt der Anfang dieses Friedens, dann hat er auch in der Welt eine Chance.

Übrigens: Das ist auch der Grund, warum wir uns jedes Jahr ganz bewusst ein friedliches Weihnachtsfest wünschen. Es ist auch mein ganz besonderer Wunsch an alle Leser: Ein friedvolles Weihnachtsfest!
Pfarrer Rainer Maria Schießler
München St. Maximilian

Artikel vom 24.12.2020
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