Keine Zeit zum Nichtstun

Woche des Bürgerschaftlichen Engagements 2020 startet durch

Gisela Rockola engagiert sich seit Jahren in der Suchtprävention. Die Arbeit hält sie jung und zeigt, dass Erfahrung und Engagement kein Privileg der Jugend sind. Foto: hw

Gisela Rockola engagiert sich seit Jahren in der Suchtprävention. Die Arbeit hält sie jung und zeigt, dass Erfahrung und Engagement kein Privileg der Jugend sind. Foto: hw

München · Die Mitmach-Kampagne »Engagement macht stark!« – ausgerichtet vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement verfolgt auch 2020 das Ziel, die Vielfalt und Bedeutung von Engagement sichtbar zu machen und zu würdigen.

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Gesellschaftliches Engagement
Engagieren in der Gesellschaft: »Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt« (Gandhi). (Wir freuen uns über vielfältige Leser-Vorschläge)
Von 11.9.–20.9.2020 ist die Woche für bürgerschaftliches Engagement

Die bundesweite »Woche des bürgerschaftlichen Engagements« - mit zuletzt über 8.300 Aktionen und Veranstaltungen - wird am Freitag, 11. September feierlich eröffnet und endet am 20. September. Eine Woche lang wollen auch wir von den Münchner Wochenanzeigern gemeinsam mit vielen anderen Institutionen unseren Fokus auf das Ehrenamt richten. Gerade dieses Jahr hat gezeigt, wie wichtig die unentgeltliche aber unbezahlbare Arbeit ist.

Das Ehrenamt kommt vielfältig daher, in Einzelaktionen, als regelmäßiges Engagement in einer Institution wie beispielsweise einem Verein wie der Nachbarschaftshilfe, kann aber auch in Krisen, genau dann nämlich, wenn Hilfe gebraucht wird, aufpoppen, um dann, wenn sich die Wellen beruhigt haben, wieder zu verschwinden.

Jede Art des Engagements ist willkommen, jeder Beitrag zählt, ob er von einer großen Öffentlichkeit wahrgenommen und mit Preisen und Auszeichnungen belohnt wird oder ob er im Verborgenen geschieht. Eines ist allen gemeinsam: Das gute Gefühl, das bleibt, wenn man etwas Uneigennütziges getan hat, nicht weil man muss sondern weil man kann.

In dieser Woche stellen wir ganz unterschiedliche Menschen und ihre Arbeit vor, um zu zeigen, dass es sich lohnt zu helfen und dass es für jeden Helfer den richtigen Job gibt. Vielleicht kommt ja der ein oder andere so auf den Geschmack sich zu engagieren, um die Welt, und nicht nur die der anderen, sondern auch die eigene, ein wenig heller zu machen.

Auch Corona konnte die Sozialpädagogen der Rockola-Soforthilfe nicht von ihrer Arbeit abhalten. Statt persönlich waren sie für ihre Schützlinge in den Zeiten des Shutdowns und auch anschließend per Telefon, Skype, Zoom und allen anderen verfügbaren Kanälen erreichbar, denn die Probleme wogen in dieser Zeit nicht selten schwerer als zuvor. „Die Sozialpädagoginnen haben viel gearbeitet und haben dies auch in den Sommerferien getan, denn es ist wichtig für die Kinder und Jugendlichen zu spüren, dass es jemanden gibt, der sich für ihre Sorgen interessiert“, betont Gisela Rockola, Begründerin der Justin-Rockola Soforthilfe, die auch das Projekt „Insideschool“ mitfinanziert.

Nachdem ihr Sohn Justin 1999 starb, weil es zu wenig Plätze im Drogenentzug gab, beschloss sie, sich nicht in ihrer Trauer zu vergraben, sondern etwas gegen Suchterkrankungen zu unternehmen. Die schreckliche Erfahrung, die sie als Mutter machen musste, will sie anderen Eltern ersparen. So gegründete sie die Justin-Rockola Soforthilfe e.V. und begann ihre Arbeit im Schwabinger Krankenhaus auf einer Methadon-Station.

Ihr Verein finanzierte eine Sozialpädagogin, die gemeinsam mit ihr Ausstiegswilligen zur Seite stand. Fünf Jahre lang arbeitet sie dort, bisweilen bis an die Grenzen ihrer Kraft, wie sie heute weiß. „In dieser Zeit entstand die Erkenntnis, dass das wichtigste die Prävention ist, damit die Kinder gar nicht erst in die Sucht abrutschen“, berichtete sie. So kam es, dass sie 2005 in die Finanzierung des vor dem Aus befindlichen Projekts „Inside@school“ einstieg.

Die Stadt München hatte mit dem Projekt im Jahr 2.000 begonnen, das unter der fachlichen Leitung von Condrobs in 13 Münchner Schulen ein Beratungsangebot für Schüler, Lehrer und Eltern bereitstellte.

Mittlerweile finanziert die Justin-Rockola-Soforthilfe die Arbeit an sieben Münchner Schulen, außerdem arbeiten die ehrenamtlichen Helfer vor Ort mit, wo es nötig und gewünscht ist. Auch Elternabende besuchen die Mitglieder des Vereins, um dort für ihre Arbeit die Werbetrommel zu rühren. Die erste Schule, an der die Arbeit der Sozialpädagogen von der Stiftung finanziert wurde, war die Werner-von-Siemens-Realschule in Neuperlach, erinnert sich Gisela Rockola.

Die Sozialpädagogen haben ein offenes Ohr für die Kinder, beraten sie, und vermitteln, wo es nötig ist zwischen Eltern und Kinder, Kindern und Lehrern oder zwischen den Schülern. In Zeiten von Corona musste man nun neue Wege finden, um den Schülern, aber auch Eltern beizustehen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Als die ersten Lockerungen kamen und die Schüler wieder zurück in die Schule durften riefen die Sozialpädaginnen das Projekt „Walk & Talk“ ins Leben.

Da die Beratungsräume in den Schulen oftmals klein sind und zu wenig Abstandsmöglichkeiten bieten war dies eine gute Gelegenheit um sich auszutauschen ohne die derzeit gültigen Regeln zu verletzten oder die Gesundheit und Sicherheit von Schülern oder Mitarbeitern zu gefährden. „Natürlich stehen bei uns Sicherheit und Gesundheit aller Beteiligten an erster Stelle“, versichert Gisela Rockola.

Schwierig ist das Jahr für die Justin-Rockola-Stiftung auch deshalb, weil die zahlreichen Aktivitäten, die zur Spendensammlung veranstaltet werden, nahezu alle ins Wasser gefallen sind. Die Arbeit ist nämlich nicht nur unendlich wertvoll für alle Beteiligten, sondern auch kostenintensiv. Die Stiftung ist deshalb mehr denn je auf Spenden angewiesen, damit sie ihre wichtige Arbeit fortsetzen kann. Was ebenfalls offenkundig geworden ist, dass es in den Münchner Schulen viele Kinder gibt, die zuhause technisch nicht gut ausgerüstet sind.

„Wenn es Firmen gibt, die alte, aber noch gebrauchsfähige Laptops spenden möchten, dann würden wir uns auch darüber sehr freuen, damit wir diese an die jeweiligen Schulen verteilen können“; erklärt Gisela Rockola weiter. Ihre Arbeit kommt aber nicht nur bei den Kindern und Eltern gut an, sondern wurde auch in politischen Kreisen beachtet. So erhielt sie für ihre Arbeit 2011 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und 2018 den Bayerischen Verdienstorden überreicht. Wichtig sind für Gisela Rockola vor allem die Kinder.
Deren Wohl ist ihr ganzes Ansinnen.

Mehr über die Stiftung und wie man sie unterstützen kann, findet man im Internet unter www.justin-rockola-soforthilfe.de

Lesen Sie jeden Tag in dieser Woche weitere spannende Portraits über Menschen, die sich engagieren unter www.wochenanzeiger.de hw

Artikel vom 08.09.2020
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