Vom Dorf zur Stadt

Ausstellung und Forschungsprojekt über Höfe in Vaterstetten

Ansichten aus einer längst vergangenen Zeit: Eine Postkarte mit dem Gruber Haus am Wasserturm und dem Alten Wirt in Parsdorf. Foto: Gemeindearchiv

Ansichten aus einer längst vergangenen Zeit: Eine Postkarte mit dem Gruber Haus am Wasserturm und dem Alten Wirt in Parsdorf. Foto: Gemeindearchiv

Vaterstetten · Vaterstetten ist eine Zuzugsgemeinde, daran gibt es keinen Zweifel. Es wächst und wächst und braucht mehr Häuser, Kindergärten, Schulen, Straßen und Supermärkte. Der "Boom" der einstmals bäuerlich geprägten Gemeinde setzte vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg ein.

Zwischen 1945 und 1961 hat sich die Bevölkerungzahl in der Gemeinde sogar nahezu verfünffacht. Zwischen 1988 und 2018 wuchs die Gemeinde von 18.268 auf 23.422 um 5.154 Einwohner bzw. um 28,2 Prozent. Und ein Ende dieser Entwicklung im Münchner Speckgürtel ist nach wie vor nicht in Sicht. Mittlerweile ist Vaterstetten die bevölkerungsreichste Gemeinde im Landkreis Ebersberg sowie nach Unterhaching die bevölkerungsreichste Gemeinde Bayerns, die weder die Bezeichnung Stadt noch Markt führt.

Die ehemaligen Bauernhöfe und Bürgerhäuser, die früher das Straßenbild dominierten, wurden mittlerweile zu nostalgischen Randerscheinungen. Dorfkirche, Dorfplatz, Dorfgastschänke und die alten Bauernhäuser, die alle früher das Dorfzentrum gebildet haben, haben ihre Funktion als Dorfmittelpunkt verloren.

Aus diesem Grunde sah es das Vaterstettener Gemeindearchiv an der Zeit, sich mit den früheren Ortsbildern der Gemeinde zu befassen, bevor diese ganz in der Wahrnehmung verschwinden. "In unserer Ausstellung geht es um die Darstellung der "neueren Geschichte", sprich von 1900 bis heute. Dabei ging es nicht nur um die historische Erfassung der Höfe und Häuser, sondern vor allem darum, das vorhandene Bildmaterial zu sammeln, zu scannen und zu bewahren und vor allem mit den Menschen zu sprechen, die sich noch gut erinnern können und ihr Wissen weitergeben wollen", erläutert vhs Geschäftsführer Helmut Ertel.

"Bei vielen Treffen mit unseren Bürgern kamen wir oft auf die umwälzende Entwicklung zu sprechen, die die Gemeinde nach Ende des Zweiten Weltkrieges durchlief: das beginnende Wachstum der Orte durch den großen Ansturm der Flüchtlinge, vor allem aus dem osteuropäischen Raum. Das war der Moment, in dem wir uns entschieden, auch die Geschichten der Flüchtlinge mit in die Ausstellung einfließen zu lassen", skizziert Gemeindearchivarin Ulrike Flitner das Konzept.

Entstanden ist eine sehenswerte Ausstellung, die eine erste, willkürliche Auswahl an Höfen, Häusern und Flüchtlingsgeschichten in der Vaterstettener Gemeinde zeigt. Sie war zunächst im Rathaus Vaterstetten zu sehen und wird aufgrund der großen Anteilnahme nun zusätzlich nochmal im vhs-Bildungszentrum gezeigt.

Außerdem will die Archivleiterin dieses bedeutsame Heimatforschungsprojekt nun fortsetzen. Geplant ist, so Flitner, die Geschichte der einzelnen Höfe in Vaterstetten von ca. 1857 bis in die Gegenwart zu erforschen.

Die entsprechenden Akten aus dem Staatsarchiv sollen in einem ersten Kurs im vhs-Bildungszentrum am 23. März, von 18 bis 19.30 Uhr durch Seminarteilnehmer gesichtet und ausgewertet werden.

Des Weiteren sollen die jetzigen Besitzer aufgesucht und befragt werden, um einen Ist-Zustand und Erinnerungen an frühere Bewohner und Familienmitglieder in Wort und Bild aufzunehmen.

Im Anschluss wird die Gemeindearchivarin das Projekt nochmals in einem Vortrag vorstellen. "Ziel der Veranstaltung ist es, Interessenten zu finden, die sich dem Forschungsprojekt anschließen und zusammen mit Frau Flitner die Geschichte der Höfe und Siedlungen erforschen", verdeutlicht Ertel von der vhs. Wer weiß? Womöglich sind die Ergebnisse dieses Projektes auch die Grundlage für eine weitere Ausstellung über Vaterstettens dörfliche Vergangenheit, die nicht mal zwei Generationen zurückliegt.

Die aktuelle Ausstellung
Die Ausstellung „Höfe, Häuser und Flüchtlingsfamilien im Gemeindegebiet Vaterstetten“ ist noch bis 26. März im 2. Stock im vhs-Bildungszentrumin der Baldhamer Straße 39 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Artikel vom 21.02.2020
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