Vorläufiges Aus für die Rathauserweiterung

Neubiberg · Knappe Mehrheit kippt das Vorzeigeprojekt der Gemeinde

Der herbstliche Sonnenschein trügt. Die Planungen um den Rathausneubau samt Sanierung in Neubiberg sind nach dem jüngsten Votum des Gemeinderates zumindest gefährden. Foto: RedHe

Der herbstliche Sonnenschein trügt. Die Planungen um den Rathausneubau samt Sanierung in Neubiberg sind nach dem jüngsten Votum des Gemeinderates zumindest gefährden. Foto: RedHe

Neubiberg · Es ist ein Paukenschlag mit Nachhall über den Neubiberger Gemeinderat hinaus. Das auf knapp 23 Millionen Euro taxierte Projekt einer Rathauserweiterung samt Sanierung wurde jetzt von Neubibergs Gemeinderat mit einer hauchdünnen 10:9 Stimmen-Mehrheit von CSU und Grünen gekippt.

Damit können die weiteren Planungsphasen zumindest vorerst nicht eingeleitet werden. Später in der Sitzung präsentierte CSU-Rat und Finanzreferent Hartmut Lilge den alternativen Vorschlag seiner Fraktion, einen veränderten Zuschnitt des Projektes mit einem auf höchstens 16 Millionen Euro abgespeckten Kostenrahmen anzustreben. Ungewiss ist derzeit, ob Architekt Jan Spreen wie von Lilge angestrebt auch unter veränderten Vorzeichen im Planungsboot verbleibt. Vorerst einmal aber blicken vor allem die Rathausmitarbeiter in die Röhre. Sie waren in großer Zahl in der Sitzung erschienen. Personalratsvorstand Heinrich Wolfensberger hatte einen flammenden Appell an das Gremium gerichtet. Hauptamtsleiter Thomas Schinabeck hatte in einem sehr emotionalen Sachvortrag noch einmal mit Nachdruck für das Projekt geworben. Am Ende zogen die Planer ebenso betreten aus dem Saal wie viele Mitarbeiter. Ob und in welchem Umfang das einstige Vorzeigeprojekt der Gemeinde nun realisiert wird, steht derzeit in den Sternen. Vor allem aber drohen nach Informationen von Bürgermeister Günter Heyland (FW N@U) und Bauamtsleiter Christian Einzmann „erhebliche Regressforderungen“. Diese waren zuletzt auf 3,9 Millionen Euro beziffert worden – dürften aber laut Heyland „einiges höher liegen.“ Auch die Planungen für das neue Seniorenzentrum stehen in diesem Zusammenhang laut Einschätzung der Verwaltung auf der Kippe.

In einer fünfstündigen Ratssitzung schlugen die Emotionen hoch. „Was bewegt die Belegschaft?“ fragte Personalratsvorstand Wolfensberger rhetorisch und gab die Antwort selbst. „Seit meinem Eintritt in die Gemeindeverwaltung 1988 mit damals 6.000 Einwohnern übernehmen wir hier immer mehr Aufgaben auf engstem Raum“. Schimmel an den Wänden, nicht behindertengerecht, drangvoll eng, fehlender Brandschutz – „Wir platzen im Rathaus aus allen Nähten“. Bei derartigen Arbeitsbedingungen, so Wolfensberger, werde auch die ohnehin schwierige Suche nach qualifizierten Mitarbeitern vor dem Hintergrund einer beständig wachsenden Gemeinde zunehmend aussichtslos. „Wir leisten hier seit vielen Jahren alle Infrastrukturmaßnahmen – nur nicht beim Rathaus“, warf Hauptamtsleiter Schinabeck ein. Das Projekt sei alternativlos. Bauamtsleiter Christian Einzmann verwies erneut auf die Gefahr, durch zu heftige Projekteinschnitte wie etwa die zuletzt diskutierte Einsparung des neuen Ratssaales sei das Projekt zur Gänze gefährdet. Ein kostenintensives Vakuum mit „Neuplanung und neuem Vergabeverfahren“ sei die Folge. Bürgermeister Heyland ging noch einen Schritt weiter. Hohe Regressforderungen auch in Richtung des Gremiums plakatierte er. „Durch eine Projektabsage wird auch das Seniorenzentrum ausgebremst“, sah der Rathauschef angesichts eines flankierend gescheiterten Tiefgaragenprojektes für die Ortsmitte dunkle Wolken aufziehen. Andererseits habeman durch Einsparungen die Projektkosten von 26,06 Millionen unter 23 Millionen drücken können. „Jedes halbe Jahr, das jetzt verstreicht, kostet eine halbe Million zusätzlich“, ergänzte Einzmann.

Bei den Gegnern der bekannten Projektumfänge verfing dies nicht. „Eine gute Planung “ attestierte CSU-Rat Lilge zwar. „Doch als Finanzreferent sage ich, dass wir uns das Projekt in diesem Umfang nicht leisten können.“ Ins gleiche Horn blies auch Kilian Körner (Grüne). „Der Ansatz mit gut ausgestatteten Arbeitsplätzen ist sicher richtig – doch unsere Zustimmung basierte auf einem einst viel niedrigeren Kostenansatz von 8 Millionen Euro“. Laut Körner müsse man das Projekt auf dieser Basis „neu konzipieren“. Gregor Röslmaier brachte dieser Ansatz auf die Palme. „Da haben wir hier hinten die halbe Verwaltung sitzen und sie lehnen das Projekt entgegen hoher Einsparpotentiale ab – das ist absurd“. Bald werde keiner mehr im Rathaus sitzen. Einen verantwortungsvollen Umgang des Rates mit seiner Verwaltung „habe ich mir anders vorgestellt“, ergänzte Marianne Werner (FW N@U). Volker Buck (SPD) wurde plastisch. „Ausgerechnet jene Räte, welche die Verwaltung am meisten mit Eingaben beschäftigen, lehnen deren sinnvollen Ausbau ab“. Man müsse bedenken, dass die gewaltigen Kosten „letztlich vom Bürger getragen werden“, entgegnete Eva-Nicola Gehringer (CSU). „Hin und her gerissen“ war Andrea Bernatowicz (Grüne). Der finalen Abstimmung blieb sie zusammen mit Fraktionskollege Jürgen Leinweber fern. Bürgermeister Günter Heyland will nun die Rechtsaufsicht beim Landkreis einschalten. Die Rathauszukunft wird erst einmal juristisch betrachtet. Dazu gab Heyland auf Nachfrage zu Protokoll, das letzte Wort in der Sache sei längst nicht gesprochen. Was auch immer das heißen mag. Der Streit ums Neubiberger Rathaus geht wohl in eine weitere Runde. RedHe

Artikel vom 07.11.2019
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